Nils Christian Wédtke

Nichts für Ungeduldige

Nils Christian Wédtke; Credit: Christopher Piotrowski

Nils Christian Wédtke; Credit: Christopher Piotrowski

Heute erscheint mit OCH das Debütalbum von Nils Christian Wédtke. Das Soundkartell hat sich die 12 Titel des Wahlhamburgers angehört. Ob es an die Größen der Hamburger Schule rankommt, erfahrt ihr hier bei uns.

Müssten wir einen Steckbrief über Nils Christian Wédtke erstellen, würden wir nicht viele interessante Profileigenschaften finden. 1986, kurz vor dem Mauerfall geboren in der niedersächsischen Provinz macht Nils Christian Wédtke etwas, bei dem viele schon bevor er die CD ganz durchspielen lässt abschaltet: Singer-Songwriter Musik. Es ist heutzutage wirklich schwer seine Zuhörer beim erstmaligen Hören zu fesseln.

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So ist es auch uns passiert. Wir kamen in den Besitz der ersten Platte des Songschreibers. Unser erster Gedanke war kein guter. Noch so ein Songwriter. Es gibt doch schon so viele hier! Wieso also brauche ich jetzt zwölf Titel eines Musikers, bei denen ich mir schon vorher im klaren bin, dass sie mich nicht vom Hocker reißen werden?

Zugegeben: Das ist eine absolut berechtigte Frage. Es gibt Gisbert zu Knyphausen. Nils Koppruch. Das Duo Kid Kopphausen. Thees Uhlmann, Spaceman Spiff, Max Schröder und und und. Wir könnten die Liste wirklich länger fortführen. Da sind wir schnell mal so weit, dass wir einem Musiker wie Nils Christian Wédtke die Daseinsberechtigung unterstellen.

Nils Christian Wédtke; Credit: Christopher Piotrowski

Nils Christian Wédtke; Credit: Christopher Piotrowski

Und dann kommt da etwas zum Vorschein, das uns doch aufhorchen lässt. Wir können bei erstmaligem Hören nicht gleich so voreingenommen sagen, dass sich das Album des Songwriters nicht neu erfindet. Es natürlich nicht von zahlreichen gesteigerten Gefühlsausdrücken lebt. Doch das passiert nur beim ersten Anblick und Hördurchgang der Platte. Es sei schon einmal vorhergesagt, dass wir den zwölf Titeln eine zweite Chance geben müssen.

Die Musik des Wahlhamburgers ist eben sehr stark reduziert auf seine eigenen Vocals inklusive toller Texte, seine Gitarre und dem Gefühl. Wir finden Nils Christian Wédtke schließt hier an seine musikalischen Weggefährten wie Tom Klose oder Enno Burger an. Wir müssen die Songs öfter durchhören, als so manch abgeklatschten Pop-Song. Das ist es, was uns so an diesem Album gefällt. Die Texte sind zudem eine Selbstreflexion seiner eigenen Zeit und der Welt des 21. Jahrhunderts, in dem wir alle aktuell leben. Deshalb sollten uns die Texte und somit auch die Musik betreffen.

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Es geht um Depressionen, um das wahre schöne Leben und eben auch darum, immer einen lachenden Blickwinkel auf die Dinge, die um uns herum passieren behalten. “Ach, Bielefeld” ist beispielsweise eine tolle Ballade und Ode an die Stadt. Hätte ja auch Berlin. Hamburg oder Paris sein können. Das, was wir hier hören ist einfach etwas anders. Natürlich fehlen die Ausbrüche, die zwei, drei Songs, bei denen wir sagen: Ja super, endlich nimmt das hier mal Fahrt auf.

Und das ist eben die große Gefahr von Nils Christian Wédtke: Dass er womöglich mit dem Album nur die wirklich intensiven Zuhörer ansprechen wird. Das Album ist nichts für schnelle Durchhörer und alldiejenigen, die auf den einen schnellen Ohrwurm, ja gar Hit aus sind. Das Album sollte uns viel eher eine Lehre sein. Eine Lehre an all diejenigen, die sich keine Zeit mehr nehmen ein Album wirklich durchzuhören. So würden sich diejenigen prompt für Songs wie “Brave, alte Welt”, “Für die Unendlichkeit” oder den Opener “Elefant für mich” geistern. Vor allem „Brave, alte Welt“ könnte eine Art Selbstkritik sein. So betrachtet er das, was er als Songschreiber schafft selbstironisch. So drückt es zumindest die Textzeile „Es ist so zeitlos mein Geleier jedes Jahr.“ aus.

Sie sind dann auch so arrangiert, dass sie uns einerseits dem Sänger und kreativen Kopf näher bringen. Und dann doch eine Art Bandsound aus sich heraus holen.

Wir raten jedem, der die Gelegenheit hat, sich in das Album reinhören zu dürfen: Er sollte es mindestens mehr als zwei Mal tun. Sollte sich vor allem der Eindruck bestätigen, dass Nils Christian Wédtke sein künstlerisches Schaffen selbstironisch betrachtet, so ist dies ein brillantes Album. Wir haben nämlich die Wahl: Entweder empfinden wir seine Musik und Texte  als zu überladen an poetischen Texten und dann auch noch als zu banal. Oder aber wir lassen uns durch seine Songs zum Nachdenken anregen. Feststeht, dass seine Stimme und die Musik sehr gut harmonieren und er verleiht dem dann durch die unterschiedliche Instrumentierung einen besonderen Anstrich.

Und nochmal: Hier wird es keinen schnellen Hit geben, sondern ein Album von Nils Christian Wédtke, das alles andere als ein unnötiges deutschsprachiges Singer-Songwriter Album agiert.

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