Interview: WOLKE
WOLKE im Interview über ihr Comback-Album
2012 veröffentlichten Wolke ihr bis dato letztes Album „Für immer“. Jetzt sind Oliver Minck und Benedikt Filleböck zurück mit ihrem neuen Album. 12 lange geschlagene Jahre musste es dauern, bis Wolke wieder aufersteht. Quasi. So könnte man es sinnbildlich formulieren. Ganz weg waren sie ja gar nicht, da sie auch noch zwischendurch in einer anderen Band aktiv waren. Meine erste Frage war da: Wie ist das? Kommt man da einfach so wieder rein ins Produzieren und neue Songs konzipieren, selbst wenn man nebenher noch aktiv war? Hinterfragt man hier und da nicht komplett den alten Sound? Der Clou bei Wolke: Sie waren eigentlich auch schon vorher zeitlos und haben Songs produziert, die nicht abhängig waren von Trends oder dergleichen.
Vielleicht hilft die Limitierung des Sounds, der Sache einen klar definierten Rahmen zu geben, innerhalb dessen es dann ein sehr breites emotionales Spektrum geben kann.
Jetzt steht wieder das eigene Projekt im Fokus. Und die Kölner schreiben weiterhin herzergreifende Songs. Der Sound bleibt kühl, aber nicht grau. Auf die Platte haben es 10 Tracks geschafft und spielen mit feinen Nuancen, die dem Kammerpop von Wolke eine zusätzliche Ebene verleihen. Effekte werden nicht übertrieben eingesetzt, es sind sogar Streicher und Bläser am Start. Nichts ist dem Zufall überlassen, denn dass Dinge einfach passieren, das können Wolke gar nicht erst zulassen. Das Album „Wolke“ ist am 12. April erschienen und wir haben der Band einige wichtige Fragen zum Release gestellt. Die kannst du jetzt in voller Länge lesen.
Nach einer Pause von 12 Jahren kehrt ihr mit einem neuen Album zurück. Wie fühlt es sich an, nach so langer Zeit wieder gemeinsam Musik zu machen? Oder gab es so gesehen in euren Augen keine Pause?
WOLKE: „Zwischenzeitlich gab es ja noch die Rockband Die Sonne, in der wir Beide gespielt haben, da kamen 2014 und 2017 zwei Alben raus. Insofern war die Pause also etwas kürzer. Trotzdem ist die musikalische Zusammenarbeit bei WOLKE eine andere, gemeinschaftlichere, da wir beide beim Songwriting involviert sind und die ästhetischen Entscheidungen stets gemeinsam fällen. Wir sind aber seit der Schulzeit so gut aufeinander eingespielt, dass sich auch nach der Pause schnell eine Selbstverständlichkeit einstellte. In dieser Hinsicht verstehen wir uns einfach.“
Was hat euch dazu bewegt, nach dieser Pause wieder zusammenzukommen und ein neues Album zu veröffentlichen?
WOLKE: „Irgendwie stand es immer mal wieder im Raum, wurde aber nie umgesetzt. Auslöser war dann ein Wikipedia-Artikel über uns, in dem Stand, dass WOLKE eine Band aus Köln „war“. Auf diesen Artikel hab ich Bene hingewiesen und zunächst sagten wir im Scherz, dass wir nun aber den Gegenbeweis antreten müssen. Irgendwann wurde dann doch Ernst daraus und wir schritten zur Tat. Auch wenn wir nie einen großen Bekanntheitsgrad erreicht hatten, so war da doch ein Gefühl, dass wir irgendwie ein musikalisches Vermächtnis haben, an das wir gerne wieder anknüpfen möchten.
Das neue Album „Wolke“ behält euren minimalistischen Sound bei, aber es gibt auch einige neue Nuancen und Elemente. Könnt ihr uns mehr über die Entwicklung eures Sounds in den letzten Jahren erzählen?
WOLKE: „Der erste Gedanke war, ein Album zu machen, das in seiner kargen Ästhetik eins zu eins an unser Debütalbum „Sušenky“ anknüpft. Dieses Korsett wurde uns dann aber doch ein wenig zu eng, also beschlossen wir, das Besteck weiterhin klein zu halten (Gesang, Piano, Bass und Drumcomputer), gewisse Erweiterungen oder Ergänzungen aber zuzulassen. So gibt es neben den kammerpoppigen Songs nun auch ein paar Nummern mit einem etwas breiteren Spektrum, bei denen sich der Raum gen Himmel öffnet. Dies hängt aber auch mit dem Mix von Boris Rogowski zusammen, der jedem Track einen ganz eigenen Charakter verliehen hat. Was wir auch früher schon mal hatten, sind Gäste. Diesmal waren es Roland Münchow an Querflöte und Saxophon und die brasilianische Geigerin María Betania Hernández.“
In euren neuen Songs schafft ihr ziemlich Raum und Platz für die Hörer:innen in eure Songs einzutauchen. War das eine bewusste Entscheidung so viel Raum zu lassen oder hat sich das im Songwriting spontan danach entwickelt?
WOLKE: „Die aktuellen Produktionsmittel ermöglichen es Musiker*innen heutzutage, beliebig viele Spuren für ihre Tracks zu verwenden und alles zuzukleistern mit Sounds und Ideen. Wir hingegen mochten schon immer Entscheidungen. So viel spielen, wie nötig, so wenig wie möglich. Und wenn was nicht stimmt, im Zweifelsfall lieber etwas weglassen oder das Vorhandene modifizieren, bis es passt. Musikalisch, aber auch textlich geht es uns um Essenz, wir wollen die Leute auch nicht zulabern in unseren Songs. Nur so können die Dinge ins Schwingen geraten und man kann sich beim Hören selbst einen Reim darauf machen. Interessant wird es für uns, wenn es ambivalent wird, wenn man das sichere Terrain verlässt, wenn man nicht alles schon konsumgerecht vorgefühlt bekommt.“
„Wolke“ zeigt eine Vielzahl von Emotionen und Stimmungen, von spacig bis hin zu herzergreifend. Wie habt ihr es geschafft, diese Vielfalt in einem Album zu vereinen, ohne die Kohärenz zu verlieren?
WOLKE: „Tja, haben wir das geschafft? Wenn ja: schön! Vielleicht hilft die Limitierung des Sounds, der Sache einen klar definierten Rahmen zu geben, innerhalb dessen es dann ein sehr breites emotionales Spektrum geben kann. Es gibt Bands, die wollen mit jedem Song genau dasselbe Gefühl vermitteln, was sehr gut funktionieren kann, so sind wir aber nicht, wir sind emotional zerrissen (wie wahrscheinlich die meisten Menschen) und lassen das so stehen. Deshalb gibt es in den Songs eben sehr viele verschiedene, durchaus auch widersprüchliche Gefühle.“
Trotz der Pause scheint eure musikalische Haltung unverändert zu sein. Wie schafft ihr es, euren eigenen Stil beizubehalten, während ihr euch weiterentwickelt und neue musikalische Wege erkundet? Gerade die Musikbranche hat sich in den letzten 12 Jahren ja massiv verändert.