Interview: Grand Hotel Schilling
Grand Hotel Schilling im Interview zum neuen Album „Polar“
Grand Hotel Schilling haben mit „Polar“ ihr neues Album herausgebracht und darauf ihren Hand zur Post-Indie-Ästhetik weiter und noch deutlicher fortgesetzt. Die vier Wiener und Grazer Musiker drehen sich thematisch ganz stark in ihrer eigenen Generation. Es geht um das Leben in dieser famos verrückten Welt. Einerseits so schön, aber andererseits hasst man das Hier und Jetzt so sehr. So zerreißend die Gefühlswelt, so entgegengesetzt sind auch die Sounds der Österreicher Band. Es geht um Traum und Tränen, Isolation und Ausgrenzung. Da kann eine Band schon auch mal völlig drüber wirken. Die Themen aus unserer Gesellschaft geben es ja her und der Sound ist so lässig ästhetisch. Das macht schon wirklich super viel Spaß und Bock.
10 Tracks sind es geworden und wir unterhalten uns mit der Band um den eben kurz angerissenen Sound, um den Vergleich zum vorherigen Album und über die schillernden Perspektiven auf dieser Platte.
Wie würdet ihr den Sound und die Atmosphäre eures neuen Albums „Polar“ beschreiben, und wie unterscheidet es sich von eurem vorherigen Werk „Mir wär lieber wir bleiben hier“?
Grand Hotel Schilling: „Musikalisch ist unser zweites Album deutlich elektronischer geworden, digitaler und auch experimentierfreudiger. Da spielen vor allem 80’s Drumcomputer und Synths eine große Rolle. Dieser Wechsel im Sound kommt vor allem durch die neue Produktionsweise. Wir haben über die letzten 2 Jahre genug Erfahrung gesammelt, um uns eine selbst produzierte Platte zuzutrauen ohne viele produktionstechnische Einflüsse von außen. Die Natürlichkeit der Musik zu erhalten war uns dabei weniger wichtig als uns kreativ auszutoben.“
In eurem Album „Polar“ wohnt eine Mischung aus dystopischen und utopischen Elementen sowie zwischenmenschlichen Themen inne. Könntet ihr uns näher erläutern, wie diese Aspekte in eurer Musik und den Texten des Albums zum Ausdruck kommen?
Grand Hotel Schilling: „Der Großteil der Songs ist in der Perspektive des Beobachters geschrieben. Dabei versuchen wir aber nicht zu moralisieren, nicht einmal zu kritisieren. Oder nur sehr selten. Allerdings beschreiben wir eine Welt wie wir sie ganz persönlich in allen Lebenslagen wahrnehmen. Auch ohne wirklichen Anspruch auf die Realität zu erheben. Manchmal fühlen sich subjektive Wahrnehmungen auch wie ein Traum an – in manchen Fällen wie ein Alptraum.“
Die Single „Immer“ von eurem Debütalbum hat es in die Fm4 Top 20 geschafft und hat eure Bekanntheit in der österreichischen Indie-Szene gesteigert. Wie hat sich dieser Erfolg auf euren kreativen Prozess und die Herangehensweise an euer neues Album ausgewirkt? Kann man solche Erfolge überhaupt direkt in den kreativen Prozess übersetzen?
Grand Hotel Schilling: „Es hat uns in unserem kreativen Schaffen bestärkt, Dass es doch Leute gibt, die sich
unsere Musik anhören wollen und wir uns mehr zutrauen können. Außerdem ist Fm4 ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Alternativ-Musikszene und die Chartplatzierung war eine Chance, uns als Band erstmal österreichweit zu präsentieren. Beim zweiten Album wollten wir uns aber nicht darauf beschränken, ob wir in den Charts landen werden oder nicht. Wir wollten unseren Sound weiterentwickeln, weg von der reinen Gitarren Indie-Rock Band und haben dafür einen neuen Produktionsprozess entwickelt.“
Euer Albumcover für „Polar“ zeigt eine Wüste mit einem alten Röhrenmonitor in der Mitte, was auf eine surreale Atmosphäre hinweist. Könnt ihr uns mehr über die visuelle und thematische Konzeption hinter dem Cover und dessen Bezug zur Musik erzählen?
Grand Hotel Schilling: „Den Fernseher haben wir bewusst ausgewählt, weil er einerseits für die Wiedergaben der Realität steht, andererseits kann man durch ihn auch aus der Realität flüchten. Man kann unzählige Kanäle wechseln und sich sein eigenes Bild schaffen. Trotzdem stellt sich irgendwann die Frage, was passiert, wenn der Fernseher keinen Empfang mehr hat. Er stellt außerdem die Verbindung von Analogem und Digitalem oder die Verbindung zwischen Zukunft und Vergangenheit dar.“
Die Produktion eures neuen Albums „Polar“ erfolgte während der Corona-Pandemie und einer Zeit der kollektiven Isolation. Wie hat sich dieser Kontext auf euren kreativen Prozess und die Stimmung innerhalb der Band ausgewirkt, insbesondere im Vergleich zur Produktion
eures vorherigen Albums?
Grand Hotel Schilling: „Wir haben uns zu Beginn der Produktion die Demos per Dropbox miteinander geteilt und parallel von zu Hause aus, gearbeitet. Die Songwriten zu viert blieb großteils aus. Als die Lockdowns vorbei waren, haben wir die Songs dann gemeinsam fertig produziert.“
Wie können Songs, die in einer solchen Isolation entstanden sind sich den Charakter bewahren, dass sie auch heute noch zeitgemäß sind?