Vorgestellt: Vorband – „Ich finde es schlimm, dass es keine Alternative zur GEMA gibt!“

Vorgestellt: Vorband – „Ich finde es schlimm, dass es keine Alternative zur GEMA gibt!“

Vorband aus Berlin; Credit Jörg Merlin Noack

Vorband aus Berlin; Credit Jörg Merlin Noack

Heute stellen wir euch einen weiteren Künstler vor, der es ernst meint mit der guten Musik: Vorband. Dabei handelt es sich um den Schriftsteller Martin Spieß. Nun macht Martin auch noch Musik und veröffentlicht am 29.11 sein Debütalbum. Das Soundkartell hat im Vorfeld über ihn gesprochen.

Zufall ist ein magisches und starkes Wort zugleich. Im Leben sind wir oftmals Leidtragende von zufälligen Ereignissen. Manchmal verändern uns zufällige Begegnungen oder wir befinden uns glücklicherweise zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
So ähnlich muss es Martin Spieß mit seinem Soloprojekt Vorband auch gegangen sein. Zuvor brachte er zwei Bücher heraus, doch irgendwann überkam ihn der Gedanke auch Musik zu machen. Zuvor saß Martin in der Universität in den Vorlesungen des Studiengangs “Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus”. Daraus wollte er später auch beruflich Fuß fassen.

Während er noch in die Schule ging lernte er das Spielen auf der Gitarre und nahm sich gelegentlich Schlagzeugunterricht. Allerdings hegte zu diesem Zeitpunkt noch nicht den Gedanken später einmal Musiker zu werden:

“Die Musik ist dann irgendwann einfach passiert. Das änderte sich irgendwann durch Zufall.”

Am 29. November ist es nun soweit und er veröffentlicht sein gleichnamiges Album. Aus dem Zufall wurde nun ein konkretes Vorhaben und nun steht er mitten drin. Der Vorbote des Albums ist der Song “Danke”. Die kirchentreuen und vor allem Gesangbuchsicheren Leser könnten mit dem Lied etwas anfangen, denn dessen nahm sich Vorband an und wollte dieses -ihm so scheußlich und auch inhaltlich schwach- Lied umformen. Vorband bastelte daraus einen Titel, der nun in die Richtung Indie-Pop Rock tendiert und entstanden ist daraus einer seiner ersten Titel.

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Doch was erwartet uns nun Ende November, auf der Platte? Oder mal andersrum gefragt, was erwartet uns eben nicht?

“Explizite Texte. Ich mag es, in impliziten Andeutungen zu schreiben: Nicht zu sagen „Ich liebe dich“, sondern etwa „Wir hatten nur die Rückbank, einen Schlafsack für zwei / es war das Gegenteil von schlimmer“, aus dem Song „Jesus, Lazarus und ich“. Ich finde nichts schlimmer als Songtexte wie „Du bist das Beste, was mir je passiert ist, es tut so gut, wie du mich liebst“. Das ist Schlager. Thees Uhlmann zum Beispiel, das ist für mich große Poesie: „Die Trombone bei ‚Moon River’, wie sie die Hoffnung erhellen, die Geigen bei ‚Wonderful World’, ich lebe mich durch eines der schönsten Leben, mit den schönsten Songs der Welt“. Und dieser Art Poesie versuche ich, in meinen Texten nahezukommen.”

 

Vorband aus Berlin; Credit Jörg Merlin Noack

Vorband aus Berlin; Credit Jörg Merlin Noack

Die Poesie ist es, der sich Martin auf seinen Titeln annähern möchte und dabei erwählt er sich mit Thees Uhlmann jemanden, der davon in Deutschland wohl die größte Ahnung zu haben scheint. Bevor er anfing an seinen eigenen Songs zu schreiben war er schon einmal musikalisch aktiv und saß bei der Indie Band Museum am Schlagzeug. Auf deren ersten Album, das 2012 erschien ist er sogar noch zu hören. Die Ahnung, dass ihm die Band freundschaftlich und musikalisch immer noch nahe steht, lässt sich auch aus dem Titel “Museum” schließen. Dabei scheiterte sein Engagement nicht am Unwillen, sondern schlichtweg daran, dass er sich die Fahrtkosten zu den Proben nicht mehr leisten konnte. Doch hat der Titel “Museum” nun wirklich etwas mit seinem vergangenen Engagement zu tun?

“Doch, der Song entstand kurz nach dem Ende meiner Zeit bei Museum und ist so was wie eine Verarbeitung dieses Endes. So düster der Song aber klingt: Ich bin mit den Jungs, vor allem mit dem Sänger Tobias, immer noch gut befreundet. Sie stehen sogar in der Danksagung des Albums, weil es drei wunderbare Jahre in der Band waren.”

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Als Martin Spieß noch zur Schule ging, ist er während seiner Jugend in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Doch gehalten hat es ihn dort nicht, denn es zog ihn nach Berlin. In eine Großstadt also, in der die Individuen unterzugehen drohen. Ob er sich denn nicht nach einem ruhigeren Leben auf dem Land sehne? Auch hier spielt für ihn Thees Uhlmann wieder eine Rolle:

“Ich fühle mich sehr wohl in Berlin. Ich mag die Stadt, vor allem weil sie so unfertig ist. Immer passiert irgendwo etwas, Szenen entstehen und verschwinden wieder. Und sie ist total resistent gegenüber Trends (…) Aber so sehr ich Berlin auch mag, ich habe fest vor, irgendwann wieder in meine Heimat – das Wendland – zurückzugehen. Ein letztes Mal Thees, ich versprech’s: „Du kriegst die Leute aus dem Dorf, das Dorf nicht aus den Leuten.“

Mal angenommen, jemand bekommt am 29. November durch Zufall die CD des jungen Künstlers. Was erwartet uns denn nun?
Ginge es nach ihm, so erwartet uns pathetischer Indierock mit -für ihn manchmal- verschwurbelten Texten. Beschäftigen wir uns mit Vorband sowohl als Schriftsteller, als auch als Musiker, so müssen wir in den heutigen Veränderungen der Digitalisierung meinen, dass Martin ein doppeltes Leid zu tragen hat. Er sieht sich einerseits als Schriftsteller mit den E-Book Readern und andererseits als Musiker mit den neuen Streamingdiensten gravierenden Veränderungen konfrontiert, die seine Einnahmen als Künstler nicht gerade steigen lassen. Auch dazu trägt Martin eine ganz eigene, vielleicht auch abgedroschene Meinung mit sich herum:

“Ich sehe Amazons Reader eher gelassen. Außerdem ist Schreien schlecht für die Stimmbänder. Aber im Ernst: Die Digitalisierung von Büchern ist per se nichts Schlechtes. Ich kenne diesen nostalgischen Impuls, Bücher lieber auf Papier zu lesen und im Regal stehen zu haben. Es ist, mit einem Wort, romantischer. Aber ebooks sind nun mal mit weniger Aufwand verbunden, sie kosten weniger in der Her- und Bereitstellung. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass, wenngleich sie Luxusgut werden mögen, es Bücher immer auf Papier geben wird. Und selbst wenn nicht: Ich mache nicht den Fehler wie die Plattenindustrie, die die mp3 nicht nur nicht mit offenen Armen empfangen, sondern Millionen für (am Ende sinnlosen) Kopierschutz ausgegeben hat. Man muss, schlimme Floskel, aber nichtsdestoweniger wahr, mit der Zeit gehen. Und wir leben nun mal in einer digitalen Welt. Spotify hingegen ist schon etwas anderes, wenn selbst Künstler wie Radiohead ihre Alben da nicht anbieten. Und es stimmt, es lohnt sich finanziell nicht, gerade mit einem Indieprodukt wie VORBAND, aber es ist auch nur eine zusätzliche Möglichkeit, seine Musik online anzubieten. Es gibt ja eine Menge Alternativen, deswegen schreie ich auch nicht. Was ich viel schlimmer finde ist, dass es keine Alternative zur GEMA gibt. Aber da fangen ja gerade die Damen und Herren von C3S an, genau die zu erarbeiten. Und da bin ich sehr gespannt drauf.”

Erfreulicherweise schmältert das die finanziellen Dienste von Vorband nicht, denn mittlerweile ist er auf einem Niveau angelangt, bei dem er von seiner Arbeit leben kann. Doch was passiert, wenn beide kreative Quellen bei ihm für eine Zeit lang versiegen? Als Schriftsteller ist ja oftmals die Rede von einer Schreibblockade. Musiker brauchen auch auf Dauer Inspiration. Darüber macht sich Martin noch keine Sorgen, denn für ihn gibt es Inspirationsquellen, die so schnell nicht versiegen:

“Das kommt womöglich ein wenig wie Koketterie daher, aber ich kenne die Angst vor dem weißen Blatt nicht. Ideenlos bin ich nicht. Was hin und wieder passiert, ist, dass ich an einer Stelle im Buch oder im Song nicht weiterkomme. Aber dann mache ich das jeweils andere – Gitarre in die Hand oder Computer aufklappen –, mache ein Bier auf oder eine Serie an und irgendwann kommt die Inspiration schon wieder.”

Am Ende bleibt die Gewissheit, dass Vorband ein wundervolles deutschsprachiges Album aufgenommen hat, dass sogar -ohne Übertreibung- an ein Niveau zusammen mit Thees Uhlmann reicht. Was genau nach dem Release auf ihn zukommt, darüber macht sich Martin erst einmal noch keine konkreten Gedanken und setzt sich auch nicht unnötig unter Druck. Was das Jahr 2014 bringen wird, darauf vermag er noch keine Antwort zu prophezeien. Vielleicht wird der Zufall erneut entscheiden, wie das Jahr verläuft.

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