Feature: Lea Lu „Everything Is On Fire“

Lea Lu im Interview zu „Everything Is On Fire“

Lea Lu im Interview über ihre neue Single; Fotocredit: Claudio Strueby

Heute stellen wir dir die neue Single “Everything Is On Fire” von der schweizer Sängerin Lea Lu vor. Sie nur Sängerin zu nennen würde allerdings viel zu kurz kommen. Denn sie ist Songwriterin, Multiinstrumentalistin, DIY Künstlerin und hat polnische, spanische und französische Wurzeln. Geboren wurde sie aber in Zürich und von hier aus lenkt und leitet sie ihre musikalische Karriere. Dass sie für ihr Musikvideo extra Posaune spielen gelernt hat, ist einfach nur verrückt. Innerhalb von 10 Tagen musste sie liefern und hat es tatsächlich geschafft. Aber nicht nur das: Sie spielt jedes Instrument, das du im Video siehst und hörst komplett selbst.

Drei Alben und eine EP stehen derzeit in ihrem Portfolio. Die ersten Alben seit 2009 erschienen alle bei Sony Music. 2017 erschien ihre EP “Rabbit” und seitdem macht sie auch wirklich alles in Eigenregie. Nun folgt im September 2021 ihr neues Album “I Call You” und dazu liefert sie einen bunten, knallig und rasanten Vorboten “Everything Is On Fire”. Wer verstehen möchte, wie sie ihr Songwriting begreift und umsetzt, muss dazu wissen, dass sie Synästhetikerin ist. Zahlen, Buchstaben und Töne sieht sie als Farben. Das heißt wenn ich auf der Gitarre einen C-Akkord anschlage, würde ich dazu eine gewisse Farbe sehen, die für diesen Akkord auch immer dieselbe ist. F-Dur ist bei ihr dunkelgrün, melancholisch und düster und A-Dur himbeerrot, also fröhlich und ausgelassen.

Mir wurde wieder vor Augen geführt, dass man das Leben selbst in die Hand nehmen muss und man selbst verantwortlich für sein Tun ist.

In Anbetracht dessen, dass “Everything Is On Fire” ein rasanter, eher fröhlicher und energetisch sehr treibender Song ist, müsste die Farbe dazu auch eher etwas fröhliches, lebhaftes ausstrahlen und darstellen. So Song geht voll drauf und weiß, dass er uns mit seinen catchy Melodien sofort in den Bann zieht. Gerade jetzt, wenn wir mal bei guter Laune auf dem Rad oder im Park sitzen und den Song streamen.

Lea, “Everything Is On Fire” ist der Vorbote für dein neues Album, das im September erscheinen wird. Wie war das Feedback bisher und inwiefern hat es dir weiteren Drive verliehen jetzt bis zum Release im Herbst weiter zu machen?

Lea Lu: “Ich habe viele tolle und erfrischende Reaktionen mitbekommen, was mich natürlich sehr freut und was motivierend ist. In allen Feedbacks schwingt viel Respekt mit. Das ist schön. Dieser Respekt wird der ganzen Band gezollt und allen Mitwirkenden des Albums. Das Committment, welches die Beteiligten in diese Produktion gesteckt habe, war umwerfend und berührend. Es ist immer ein Feedback, das nicht mir als Person gilt, sondern allen, deren Arbeit mit in den Songs steckt. Ich halte die MusikerInnen, die auf der ganzen Welt verstreut sind mit Feedbacks und Neuigkeiten auf dem Laufenden. Ich freue mich auf jeden Fall, dran zu bleiben und bin neugierig, auf alles, was mit dem Album noch kommen wird.”

Welches Gefühl und vor allem welches Hörerlebnis möchtest du uns auf dem Weg bis zum Release des neuen Albums und dann mit Release des Albums vermitteln?

Lea Lu: “Das Gefühl dass wir nicht alleine sind, auch wenn wir uns manchmal so fühlen. Wir sind verbunden. Das durfte ich während der Albumproduktion erleben. Trotz großer Distanzen zwischen uns MusikerInnen, die alle in ihrem Zuhause oder Studio «festsaßen» und wir so räumlich isoliert waren, ist durch die Musik in den Songs eine Verbundenheit entstanden. Wenn jemand die Songs hört und dieses Gefühl wieder erkennt, wird Teil davon. Diese Erfahrung verbindet uns, über Grenzen hinaus.”

Für dich als Synästhetikerin hat die Tonart F-Dur eine dunkelgrüne Farbe und steht eher für düstere Stimmungen. Und A-Dur steht als himbeerrot für eine fröhliche Farbgebung. Fühlst du dich durch deine Gabe manchmal eingeschränkt, da ggf. ein Song in A-Dur nie traurig sein könnte und andersherum?

Lea Lu: “Tatsächlich wähle ich für fröhliche Songs selten F-Dur. Bei einem traurigen oder melancholischen Song, den ich in A-Dur schreibe, schimmert dafür immer etwas Helles, Leichtes, fast Lachendes mit. Das erzeugt dann eine Spannung zwischen Hoffnung und Trauer, was einem melancholischen Song eine spezielle Färbung gibt. Eingeschränkt fühle ich mich durch die Synästhesie nicht. Farben sind für mich eine fünfte Ebene der Komposition neben Melodie, Harmonie und Text und Groove. Die Frage welche Akkorde welche Stimmung auslösen finde ich hochspannend. Kürzlich habe ich zum Beispiel einen neuen Song von Jack Johnson gehört. Ich empfand ihn als höchst melancholisch. Als ich ihn analysierte, habe ich mit Erstaunen festgestellt, dass kein einziger Moll-Akkord vorkommt. Faszinierend!”

“Die Reduktion auf das Wesentliche war für mich sehr wertvoll.“ Fotocredit: Claudio Strueby

Die Entscheidung dein neues Album zu produzieren stand schon vor Corona 2020 fest, als du ja eigentlich nach New Work wolltest. Was hat dir konkret über die vergangenen 12 Monate geholfen, dass du als Künstlerin weiterhin kreativ geblieben bist und dein neues Album mit neuen Songs ab Herbst erscheinen kann?

Lea Lu: “Einfach dranbleiben. Ich bin tatsächlich Anfang März noch nach NY geflogen und hab dort in meinem Atelier mein Homerecording Studio aufgebaut. Kaum hatte ich das letzte Kabel gezogen, war mir klar, dass ich nun wieder zusammenpacken und nach Hause fliegen kann. Für einen Song hat’s grad noch gereicht. NO STARS NO MOON, der letzte Song auf dem Album, war ein direkter GefühlsAusdruck der Situation. Im Gitarrenintro hört man von draußen die Sirenen der Krankenwagen, die ab diesem Tag ununterbrochen heulten. Ich war zu dieser Zeit in einer Schockstarre. Ich wusste: Ich muss da raus! Also habe ich begonnen mich zu informieren, so gut und fundiert es ging. Als ich mich organisiert hatte und die Lage besser einschätzen konnte, hat sich die Starre gelöst und die Kreativität begann wieder zu fließen. Mit dem Schlagzeuger Claudio Strüby habe ich begonnen, in unserem Studio begonnen die neuen Songs aufzunehmen. Spur für Spur, frei und ohne Ziel, fast alles First Takes, wie eine Meditation. Nach kurzer Zeit hatten wie die Basictracks von 12 Songs ready.”

Was hast du trotz der Schockstarre im März 2020 und jetzt über dieses Jahr hinaus als Musikerin aus der Krise gelernt und für dich als Bereicherung wahrgenommen?

Lea Lu: “Die Reduktion auf das Wesentliche war für mich sehr wertvoll. Viele Gewohnheiten fielen weg und vieles kristallisierte sich als wichtig heraus: Sowohl musikalisch als auch menschlich. Mir wurde wieder vor Augen geführt, dass man das Leben selbst in die Hand nehmen muss und man selbst verantwortlich für sein Tun ist. Davon handelt zum Beispiel der Song NO ONE WANTS TO DANCE ALONE. Als weitere Bereicherung habe ich das Gefühl wahrgenommen, endlos Zeit zu haben. Zeit für die Musik und für die Kreation. Auch wenn diese endlose Zeit nach einigen Monaten wieder endete.”

Bei “Everything Is On Fire” spielst du alle Instrumente selbst. Nach deiner EP “Rabbit”, die auch komplett allein in Eigenregie eingespielt hast, also wieder ein Alleingang. Wie sehr hast du dich für deine neuen Songs wieder nach Einflüssen von außen von anderen MusikerInnen gesehnt? Corona hat das ja erstmal lange Zeit nicht zugelassen.

Lea Lu: “Nach meiner Solo-EP verspürte ich den tiefen Wunsch nach musikalischem Austausch und Begegnungen. Und durch die Situation um die Pandemie war ich vorerst wieder alleine. Also begann ich zu rufen! Zum Glück haben mich alle gehört und waren sofort beim Album mit dabei. Als erstes habe ich nach Mocky (Feist, Chilly Gonzales) gerufen, dem die Songs sehr gefielen und dann in seinem Studio in Los Angeles grandiose Basslines aufgenommen hat. Dann kamen David Zincke, Jack Daniel und Yana in Nizza dazu und Paperface in London. Als wir uns dann im Sommer 2020 wieder treffen konnten, haben wir unser Studio in eine Alphütte in der Schweiz verlegt und dort in einer Session live über die Song-Gerüste gejammt. Das war ein grosses Glück! Ich arrangiere meine Songs immer nur minimal, schreibe reduzierte Horn-und Backing vocal Lines, die als Treffpunkt zu verstehen sind. Wenn man sich dann dort trifft- wie bei einem Treffen mit Freunden- beginnt das Gespräch und es wird lebendig.”

 

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