Chefket

Interview Chefket – „Ich habe mich musikalisch gesehen nicht groß verändert.“

Chefket im Interview mit dem Soundkartell

Chefket im Interview mit dem Soundkartell

Am 14. August erscheint mit „Nachtmensch“ das neue Studioalbum des Berliner Rappers Chefket. Das Soundkartell hatte die Gelegenheit mit dem Rapper zu sprechen.

Trotz Anlaufschwierigkeiten haben wir Chefket an`s Telefon bekommen und mit ihm gesprochen. Zwischen verschüttetem Kaffee und einer Taxifahrt nach Neukölln hat er sich die Zeit genommen und wir haben mit ihm über das neue Album, seine Entwicklung, seine Ängste und Skills gesprochen. Hier kommt das ganze Interview:

Ich habe in den letzten Monaten und vielleicht sogar in diesem Jahr eine gewisse Intellektualisierung im Rap-Bereich wahrgenommen. Kannst du mir im Hinblick auf das was du gerade tust, deinen Release und deine Schaffensweise sagen: “Ja, das ist so!”

Chefket: “Ja, also ich glaube die Entwicklung hat sich sehr klar abgezeichnet nach dem Release von Marteria, damals 2010, wo dann dieser Umbruch kam. Und seitdem hat sich das so weiterentwickelt, würde ich sagen.”

Also im Positiven?

Chefket: “Ja im Positiven! Für mich selbst gab`s keine große Veränderung was meine Musik angeht. Weil ich das damals schon gemacht habe und da war ich so ein bisschen ein “Paradiesvogel” weil ich meine Hooks gesungen hab’ und jeder meinte, es sei schwul. Und ich habe mir nur gedacht, warum sollte das etwas Schlechtes sein? Auch inhaltliche Sachen waren bei mir schon immer im Hauptfokus. Nur damals war halt noch Aggro und die anderen Typen viel mehr am Start und die Leute konnten damit erstmal nichts anfangen. Ich habe aber einfach das weiter geführt, was ich damals schon gemacht habe. Und jetzt ist es halt so, dass die Leute drauf aufmerksam werden. Das ist ziemlich gut für mich. Aber auch für alle anderen Künstler, die versucht haben wirklich gute Musik zu machen.”

Heißt, am Ende hat es sich ausgezahlt?

Chefket: “Definitiv! Ich habe mich jetzt musikalisch gesehen nicht groß verändert. Ich habe jetzt keinen Imagewandel durchleben müssen, damit ich jetzt irgendwie Erfolg habe. Sondern ich habe einfach weiter gemacht, an was ich geglaubt habe und das hat sich ausgezahlt, das stimmt.”

Dieses Vintage- und Old-School Element wirkt auf mich immer sehr plakativ. Welche Auswirkungen hat dieses Element aber dennoch auf die neuen Tracks, die auf dem neuen Album “Nachtmensch” erschienen sind?

Chefket: “Also das ist halt so meine Comfort-Zone. Das ist, wo ich herkomme und die Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Das habe ich auf dem Mixtape “Guter Tag” noch radikaler ausgelebt. Das ist aber für mich wie so ein Ollie beim Skaten. Das ist so das Grund-Ding, das man können muss für alle weiteren Tricks. Mit dem neuen Album habe ich jetzt quasi Three Sixty Flips gemacht.”

Du sprichst ganz konkret von einer bestimmten Vision des Albums, die der Producer (Farhot) auch als einziger verstanden hat. Kannst du uns ganz kurz diese Vision des Albums erläutern?

Chefket: “Naja, dadurch, dass ich mit 17 schon meine erste Band hatte und musikalisch schon auch immer Lust hatte so ein Album mit vielen Instrumenten zu produzieren…das ist auch das was ich in meinem Song “Alles Was Ich Brauch” sage, den ich vor Ewigkeiten mal rausgehauen hab’, die Musik, die ich liebe auch auf Platte zu packen, war halt nie möglich. Erstens weil das Geld gefehlt hatte, zweitens die Ruhe. Dieses Mal war es halt möglich, das mit Farhot umzusetzen, weil er das alles auch so komplett verstanden hat. Da ist auch eine freundschaftliche Ebene entstanden. Wir waren viel unterwegs und haben eben auch viel darüber geredet. Deshalb hat er es auch verstanden und so konnte ich das auch mit ihm umsetzen.”

Jetzt hat so eine Vision auch immer etwas persönliches. Wie schaffst du es diese Vision auch auf den Hörer zu übertragen?

Chefket: “Ich hoffe, dass es klappt! Also ich weiß nicht, ob man es übertragen kann. Ich versuche einfach die Stimmung, die ich in mir habe oder die wir zusammen im Studio so haben, so hinzukriegen. Wir beide haben auch einen guten Geschmack und wir hoffen, dass die Leute es auch zu schätzen wissen, die vielleicht auch eine ähnliche Sozialisation durchgemacht haben.”

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Ist “Nachtmensch” dann das perfekte Werk, wenn das alles so super geklappt hat auch im Hinblick auf die Vision?

Chefket: “Ja, definitiv!”

Inwiefern ist es denn für dich ein Privileg das zu tun, was du gerade machst?

Chefket: “Das Ding ist ja, dass diese Geduld, die man ja mit dazu bringen muss, beinhaltet, dass man zehn Jahre lang Spaghetti mit Soße isst und es sich irgendwann mal auszahlt. Zuerst ist es mal kein Privileg, aber danach hat es nur damit zu tun, dass man herausgefunden hat, was man liebt. Und das man das dann auch bis zum Ende konsequent durchgezogen hat. Egal was dann drumherum so war und auch wenn die äußerlichen Erfolge nicht da waren. Aber solange die inneren Erfolge für einen selbst da waren, das ist das allerwichtigste. Inzwischen weiß ich auf jeden Fall, dass ich…(überlegt) ja man kann auch Privileg dazu sagen. Es ist ja auch ein Privileg positiven Rap zu machen, weißt du? Und ich hab’ da Glück gehabt. Ich hatte nicht so schwierige Umstände, wie vielleicht manch andere. Und ich versuche das dann auch so positiv wie möglich zurück zu geben.”

Du sprichst in deinen Texten ja auch immer das Thema der Flucht aus der Wohlstandsgesellschaft an.

Chefket: “Ne, so habe ich das ja nie gesagt. Aber ich weiß was du meinst! Es hat halt auch mit der Verdrängung zu tun. Ne, ich glaube, dass wir alles wissen, was in der Welt geschieht und auch alles was um uns herum passiert und, dass nicht alles richtig läuft. Wir leben aber irgendwie in so einer Blubber-Blase und sind gewissen Dingen gegenüber ohnmächtig und können daran nichts ändern. Diese Verdrängung wird schon eher in manchem Song beschrieben. Ob es jetzt Party ist, oder andere Sache sind. Da sehe ich mich eben auch darin. Das ist kein Zeigefinger oder ähnliches.Sondern der Zeigefinger ist auch auf mich gerichtet.”

Ich habe mir deine Platte schon in voller Länge angehört und ich frage mich, wie viele Gesichter sehe ich auf der Platte von dir?

Chefket: “Sehr viele! Weil ich ja nicht ein so genannter Image-Rapper bin, der jetzt sagt: “Ok ich bin jetzt der U-Bahn Fahrer MC und rede nur über U-Bahnen.” Ich habe versucht wie jeder Mensch auch, der viele Facetten hat, das irgendwie darzustellen. Wir sind ja alle nicht gleich. Guck’ mal du bist Student, du bist gleichzeitig auch der Sohn deiner Eltern, der Bruder deiner Schwestern, wenn du welche hast. Und da kommt dann ganz naturgemäß alles irgendwie bei raus, wenn man sich einfach hinsetzt, beobachtet und schreibt.”

Chefket im Interview mit dem Soundkartell

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Ich habe das über den Pressetext gelesen: Es wird dir mit dem Release des neuen Albums ein gewisser Star-Status angerechnet. Bist du darauf vorbereitet?

Chefket: “Naja also kommt drauf an, was man damit verbindet, ne! Ich glaub’ dieses “Startum” und das, was man so allgemein darin sieht, darin sehe ich mich jetzt eigentlich nicht. Aber ich denke, die Musik ist es wert jetzt von mehreren Leuten gehört zu werden, als es jetzt der Fall ist. Das ist glaube ich damit gemeint, also, dass es jetzt einfach sehr viele Leute mitbekommen und wissen, dass die Deutschsprachige Musik damit bereichert wird.”

Wo siehst du dich denn selbst zwischen Rappern wie Pimf, Gerard, Megaloh oder Samy Deluxe?

Chefket: “Ja, also aktuell hauen ja sehr viele Leute viele Alben raus. Ich weiß nicht genau, aber früher habe ich das noch mehr mitverfolgt. Ich bekomm’ das schon mit, aber ich krieg’ da eher das mit, was so im Underground passiert. Und die Intellektualisierung, die du jetzt auch speziell für 2015 meinst, das ist jetzt für mich nichts Neues. Im Underground ist es schon immer so gewesen und es wird auch immer so bleiben, auch wenn diese HipHop-Hype-Blase irgendwann platzt, wird es so im Underground weitergehen.”

Wenn du jetzt mal auf deinen ersten Release damals 2003 zurückblickst, was ist denn dein alltägliches Element, das dich das tun lässt, was du heute immer noch tust.

Chefket: “Ganz plakativ gesehen: Es macht mir halt Spaß! Ich liebe es einfach mich hinzusetzen und Beats zu hören. Beats zu machen, Texten, so versuchen, die Wahrheit, die für mich stimmt in Gedanken zu fassen und auszudrücken. Das ist etwas Schönes und damit ist es auch leichter damit zu spielen und darauf freue ich mich immer am meisten.”

Du sagst selbst: ‚Ich glaube fest daran, dass man mit Musik etwas ändern kann. Auch wenn nur ich es bin, der sich ändert.‘ Das ist für mich die Steilvorlage: Ist es immer noch ein Glaube oder gehst du voran?

Chefket: “Ja es hat sich auf jeden Fall sehr viel verändert, weil man hat ja immer irgendwelche Erkenntnisse im Leben und man vergisst die aber. Und dadurch, dass ich die Möglichkeit habe, die in Songs zu verpacken, diese Lieder dann immer wieder spiele, erinnere ich mich immer selbst an diese Erkenntnisse. Dadurch kann ich mich quasi auch nicht mehr selbst verarschen, weißt du? Die Stufen, die ich dann schon gestiegen bin, gehe ich dann halt nicht mehr zurück. Auch was mein inneres Wachstum angeht, geht mein Leben hoffentlich immer voran! So wie sich mein Leben entwickelt, positiv oder negativ, so wird sich auch die Musik entwickeln.”

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Heißt: Für dich ist es sowohl im positiven wie auch im negativen Sinne eine Form diese Erkenntnisse zu konservieren oder?

Chefket: “Ja natürlich!”

Gab es bei dir zuletzt einen Moment, bei dem du bewusst gedacht hast: Jetzt bin ich echt zufrieden so wie es läuft?

Chefket: “Ich hatte echt viele Momente in denen ich dachte “Wow cool ich bin echt zufrieden!”. Es gab mehrere solche Momente zu dem Zeitpunkt, als ich nach Berlin gezogen bin, damals vor 10 Jahren. Oder als ich das erste Album rausgebracht habe, dann als “Identitäter” kam, als “Guter Tag” kam, die Tour mit Megaloh, die Tour mit Marteria. Es gibt wirklich immer wieder solche Momente und ich könnte jetzt nicht einen einzelnen so nennen. Ja und jetzt eben das neue Album!”

Sich vom einen Ziel zum Nächsten hangeln. Das steht für dich. Wie groß ist die Versuchung sich doch einfach mal zurückzulehnen?

Chefket: “Es gibt da diesen einen Weg, den ich mir ausgesucht habe. Und es ist jetzt nicht so, nur zu arbeiten. Natürlich: Es ist harte Arbeit! Aber es macht mir so Spaß ich sehe das gar nicht so als Last, sondern als riesiges Glück, dass ich das alles machen kann. Ich habe ein eigenes Studio, kann dort jederzeit aufnehmen, ich habe viele gute Produzenten um mich herum. Es gibt ja auch jüngere Rapper, die ich pushen kann und so. Das macht alles richtig Spaß! Ich hab da auf jeden Fall Bock, die ganze Zeit Action zu machen! Ich hab’ ja auch schon die nächsten Projekte im Kopf.”

Da sind wir dann ja wieder beim Privileg.

Chefket: “Genau! Ich hab mir das aber auch alles selbst aufgebaut! Ich bin da jetzt nicht irgendwie reingeboren oder so. Wie gesagt bei “Identitäter” hatte ich keine Wohnung, hab’ im Studio gepennt, bei Freunden geduscht. Und inzwischen ist halt jetzt alles so gut gelaufen. “Identitäter” hat sich ja komplett selbst finanziert, da lief dann endlich mal alles besser. Und jetzt hatte ich auch endlich mal die Möglichkeit ein Album zu machen, ohne die ganze Zeit an die Miete zu denken. Und wenn das ein Privileg ist, ne! (lacht)”

Ne! Das sollte eigentlich selbstverständlich sein! Was gibt dir denn die Sicherheit, dass sich das, was sich so zum Positiven gewendet auch endlich bleibt?

Chefket: “Was mir Sicherheit gibt? Ich glaube, dass das was ich ganz klar sehe, ist, dass ich einfach Skills habe. Und diese Skills kann man einfach nicht wegreden, weißt du? Es ist jetzt nicht so, dass ich jetzt einfach irgendwas behaupte auf der Bühne mit Aussagen, die dann einfach irgendwo im Raum stehen. Sondern wer mich live sieht, weiß, was ich mache und was ich kann. Solange ich meine Stimme nicht verliere oder so habe ich irgendwie gar keine Angst was kommt! Wissen tue ich es natürlich nicht und das sage ich ja auch auf meinem ersten Album mit “I Don’t Know”, aber das macht das alles auch ein bisschen spannend.”

Danke das war`s auch schon. Danke dir für deine Zeit!

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