Interviewfeature: YUKNO

YUKNO im Interview zur Tour

YUKNO im Interview für ihre Deutschlandtour; Fotocredit: Tim Cavadini

YUKNO im Interview: Zwischen Club und Kontemplation – über das neue Album, kreative Prozesse und schlaflose Nächte

Mit „Kein Abschiedssong“ starteten YUKNO nicht nur ihr neues Album „Gute Nachtmusik“, sondern auch in eine weitere Tour durch den deutschsprachigen Raum. Und wie immer bei den Brüdern Georg und Nikolaus Nöhrer schwingt mehr mit als bloßer Indiepop – es geht um Haltung, Intuition und das ehrliche Spiel mit Emotionen.

„Das ist kein Abschiedssong, das würd ich gar nicht hinbekommen“ – eine Zeile, die nicht nur im persönlichen Kontext funktioniert, sondern auch sinnbildlich für YUKNOs Comeback steht. „Hey, wir sind eh noch da“, sagen sie dazu lakonisch. Und das spürt man. Mit ihrem neuen Song „Eine kleine Nachtmusik“ – eine augenzwinkernde Referenz an Mozart – schlagen sie die Brücke zwischen Schlaflosigkeit und Tanzfläche: „I can’t get no sleep“, heißt hier die eigentliche Botschaft.

Im Gespräch zeigen sich die beiden reflektiert und gleichzeitig angenehm unprätentiös. Erfolg? Gerne, aber bitte nicht um jeden Preis. Trends? Werden wahrgenommen, aber nicht kopiert. YUKNO setzen lieber auf künstlerische Intuition – und das Gefühl, Musik zu machen, die sie selbst hören wollen. Live versprechen sie ein Wechselbad der Gefühle – zwischen Schwitzen und Schweben, wie sie es nennen. „Wie ein einziger Organismus“, sagen sie über das Live-Erlebnis. Wer wissen will, wie Indiepop heute klingen kann, ohne sich anzubiedern – YUKNO geben eine mögliche Antwort. Ganz ohne Abschied.

Eure Single „Kein Abschiedssong“ war der Auftakt zu „Gute Nachtmusik“ – und gleichzeitig der Startschuss für eure kommende Tour. Was bedeutet es euch, gerade mit diesem Song in die neue Phase zu starten?

YUKNO: „Uns hat in erster Linie einfach der Song gut gefallen. Das ist ja eigentlich immer der wichtigste Beweggrund. Und nachdem wir davor länger nichts veröffentlicht und auch länger keine Tour gespielt hatten, fanden wir die Aussage „Das ist kein Abschiedssong, das würd ich gar nicht hinbekommen“ in dem Kontext sehr passend – auch wenn sich der Song natürlich eher auf ein persönlicheres Setting bezieht. Trotzdem hat sich das all in all sehr stimmig angefühlt, fast wie so ein schulterzuckendes: „Hey, wir sind eh noch da.“ Wir machen ja auch schon so lange gemeinsam Musik, dass es für uns der Normalzustand wurde, der auch perspektivisch nicht wirklich zur Debatte steht.“

Dämpft ihr mit “Eine kleine Nachtmusik” ganz bewusst die eigene Euphorie oder kann man eh nicht ständig bis zu einem Albumrelease auf Dauer auf eine bestimmte Art und Weise euphorisiert sein?

YUKNO: „Dämpfen wollten wir da eigentlich gar nichts – zumindest war das nicht die Motivation. Mozarts „Eine kleine Nachtmusik“ kennt man ja eher als das, was man Kindern vorm Einschlafen vorspielt. Wir fanden’s dann witzig, unter demselben Titel einen Song zu machen, der eher so in Richtung „Insomnia“ geht, also eher: I can’t get no sleep. Eine kleine Nachtmusik zum Wachbleiben und Tanzen quasi – nicht zum Runterkommen. Und das ließ sich natürlich toll mit dem Albumtitel verweben. Aber klar, ein bisschen Relativierung kann man auch reinlesen: Als Artist ist das eigene Schaffen und insbesondere die nächste Single der Nukleus der Welt. Für die, die es hören, ist es am Ende des Tages auch nur ein Lied, das drei Minuten dauert.“

Ihr seid als österreichische Band längst über Landesgrenzen hinaus bekannt. Wie nehmt ihr eure Rolle im aktuellen europäischen Musikgeschehen wahr? Fühlt ihr euch als Indie-Exporte oder eher als Grenzgänger zwischen regionalem und internationalem Popverständnis?

YUKNO: „Ach, wir nehmen uns selbst eigentlich gar nicht so bewusst wahr – bzw. versuchen, da gar nicht zu viel drüber nachzudenken. Wir werden älter. Wir sind alt für eine Indie-Band in unserer Liga. Es gibt so viel gute Musik, so viele spannende junge neue Künstler:innen, die jeden Monat neu auftauchen. Wir haben die Entpuppung der deutschen Sprache im Mainstream – gerade beim jungen Publikum – sozusagen live miterlebt. Wir freuen uns einfach, dass wir weiterhin Leute mit unserer Musik erreichen und Konzerte spielen dürfen. International im Sinne des deutschsprachigen Raums vielleicht. Und ja, genau dazwischen fühlen wir uns eigentlich ganz wohl: Indie oder Pop – das sind eh eher diffuse Begriffe. Rein vom Setup her – Label, Vertrieb, Produktion – sind wir auf jeden Fall sehr, sehr Indie.“

Die Ästhetik eurer Songs ist oft bittersüß, zwischen clubtauglicher Melancholie und poetischer Introspektion. Inwiefern spiegelt die kommende Tour diesen Dualismus wider – wird es eher schwitzen oder eher schweben?

YUKNO: „Danke für die schöne Frage. Freut uns sehr, wenn das so wahrgenommen wird. Und ja – beides: Wir mögen Shows genau deshalb so gern, weil man da gemeinsam mit allen im Raum in so eine Art kollektiven Zustand kommt. Wie ein einzelner Organismus. Und dieser Organismus wird schwitzen, schweben, vielleicht mal eine Träne verdrücken, einiges fühlen – und hoffentlich auch viel tanzen, wenn’s so läuft, wie wir uns das vorstellen.“

Wie entsteht bei euch aktuell ein Song – könnt ihr uns einmal mitnehmen in euren kreativen Prozess? Was kommt zuerst: der Beat, die Zeile, die Stimmung, der Streit?

YUKNO: „Wenn man alles zusammenzählt – alle Bands, Projekte, EPs, Alben – dann haben wir inzwischen schon viel gemeinsam gemacht. Da hat sich über die Jahre schon ein gewisser Groove eingestellt, auch wenn’s natürlich nie ganz gleich ist. Meistens starten wir mit einem musikalischen Gerüst: ein Beat, ein paar Akkorde, irgendwas, das emotional was auslöst. Parallel gibt’s oft Textzeilen, die schon herumliegen. Die wichtigen Zeilen entstehen ja oft so nebenbei – nicht, wenn man’s krampfhaft versucht. Und dann wird alles Stück für Stück zusammengebaut – erweitert, verworfen, neu gedacht. 50/50, ob’s was wird. Und dieser Prozess kann ganz unterschiedlich intensiv sein. Wirklich planbar oder effizienter sind wir leider trotzdem bis jetzt nicht geworden. Aber das ist okay so. Irgendwann ist was fertig – und Niko mixt dann eigentlich schon währenddessen. Aus unseren Händen ging’s beim neuen Album erst beim Mastering. Aber generell: Wir doktern schon lange an einer Demo rum, bevor wir sie endgültig aufgeben. Da schlägt unsere emotionale sunken cost Fallacy durch. Mit dem in der Industrie gängigen Songwriting-Ansatz, zunächst nach einem Thema zu suchen und sich dann einen Tag lang kollektiv daran abzumühen, bis man einen fürs Label zufriedenstellenden Pool an eigentlich grob unfertigen Demos erstellt hat, waren wir vielleicht auch deshalb nie kompatibel.“

Ihr nehmt euch auf Albumlänge Raum für vielschichtige Gedanken und Klangräume. In einer Zeit, in der Musik oft schnell konsumiert wird: Wie schafft ihr es, eure Hörer:innen langfristig zu binden?

YUKNO: „Wahrscheinlich, weil wir einfach das machen, was wir selber gerne hören würden. Vielleicht ist das auch der einzige Zugang, den wir wirklich haben. „Authentisch“ ist zwar ein schwieriges Wort, aber wir könnten uns wahrscheinlich gar nicht so verbiegen, dass wir uns da krass an neue Konsumgewohnheiten und Trends anpassen. Und ehrlich gesagt: Wir würden das auch nicht hinbekommen. Das wär dann einfach nicht mehr das, warum wir Musik machen. Wir würden auch ein bisschen flunkern, wenn wir behaupteten, wir hätten es gar niemals versucht. Aber am Ende war dann doch jeder Song wieder Yukno. Ob wir damit jetzt Hörer:innen langfristig binden? Ich weiß es gar nicht. Aber ich denke oder hoffe zumindest, dass wir auch ein bisschen zeitgeist-immun sind.“

Wie oft hat man bei all diesem Prozess im Hinterkopf, dass man ja “konform” bleiben muss/will?

YUKNO: „Schon oft, natürlich. Gerade wenn man schon länger dabei ist. Man bekommt ja mit, wie sich Dinge verändern – Hörgewohnheiten, Marketingstrategien, Erfolgsgeschichten – alles. Aber am Ende des Tages wollen wir schon das machen, was sich für uns richtig anfühlt. Man kann sich bemühen – um Qualität, um Relevanz – aber ob das dann aufgeht, ist oft ziemlich random, da zaubern wahrscheinlich auch die algorithmischen Geister mit. Jedenfalls ist das immer stark von außen abhängig und große Labels haben 2025 einen größeren Hebel denn je, würd ich sagen. Das wird auch oft unterschätzt. Gleichzeitig ist die Musikwelt natürlich eng mit der Jugendkultur verwachsen und da entwickeln sich einfach originär Strömungen und Trends, die man nicht antizipieren kann, die einfach mit ihrer Zeit und ihrer Generation funktionieren. Denen hinterherzuhecheln bringt aber auch nichts, wenn du das nur passiv mitbekommst ist es eh zu spät, so viel ist uns bewusst. Deswegen konzentrieren wir uns dann im Zweifel doch auf unsere Idee von Musik, die wir machen wollen.“

Letzte Frage mit Blick auf die Tour: Gibt es eine Stadt, auf die ihr euch ganz besonders freut – vielleicht, weil dort zuletzt etwas Unerwartetes passiert ist oder weil ihr da immer einen besonderen Vibe verspürt?

YUKNO: „Berlin ist immer besonders und Wien natürlich und Graz – da haben wir unsere ersten Konzerte gespielt. Aber Leipzig war letztes Mal auch speziell – da hatten wir einen Stromausfall mitten in der Show. Und das ist schon spannend, wenn man als Band unterwegs ist, die außer den Drums eigentlich nichts Akustisches dabei hat. Aber ja – solche Momente machen’s dann auch aus. Generell freuen wir uns aber einfach sehr, die Songs wieder mit Publikum teilen zu dürfen. Gemeinsam erleben. Mit allem, was dazugehört. Für die Dauer einer Tour sehen wir uns eh als interessierte Reisende und nehmen gern alles mit, wo uns die Musik so hinführt. Hamburg bekommt auch noch eine ehrwürdige Erwähnung, als Symbol dafür, dass wir – wir kommen ja aus dem Südosten Österreichs – mit unserer Musik rein von der Distanz her das Maximum aus dem deutschen Sprachraum herausgeholt haben.“

Zur Tour verlosen wir zudem Gästelistenplätze. 💥 Und ihr könnt dabei sein! Wir verlosen 1×2 Gästelistenplätze für die Tour – und das Beste: Ihr entscheidet, in welcher Stadt. Schreibt uns einfach eine Mail an soundkartell@gmail.com mit dem Betreff „YUKNO Gästeliste“ und verratet uns, wo ihr YUKNO live erleben wollt.

YUKNO Live auf Tour:

München. 06.10.2025. Kranhalle
Frankfurt. 07.10.2025. Nachtleben
Köln. 08.10.2025. Yuca
Hamburg. 09.10.2025. Bahnhof Pauli
Leipzig. 11.10.2025. Moritzbastei
Berlin. 12.10.2025. Frannz Club
Wien. 30.10.2025. Flucc
Graz. 14.11.2025. PPC

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