EXEC
Wuchtiges Debüt „The Limber Real“ von EXEC
Mit „The Limber Real“ erscheint das erste Album von EXEC. Es ist eine lange und sehr persönliche Rezension geworden.
Er ist einer meiner größten Vorbilder. Lange Zeit dachte ich immer, dass ich so etwas nicht habe: Vorbilder. Also Menschen, die durch das was tun eine Funktion des Vorbilds erfüllen. Also etwas tun, künstlerisch tätig sind, besondere Superkräfte haben oder irgendwie fast die Welt gerettet haben. Eigentlich dachte ich, dass ich das nicht hätte. Kein Superheld, kein Künstler oder Musiker wie für jeden Rock-Gitarristen wohl Lemmy Kilmister war. Aber nach und nach erkannte ich, dass es doch jemanden gab, der sich dort hinein wanzte. Ein Musiker, der ganz still und heimlich nach all den Jahren den Raum eingenommen hatte, den ein Vorbild musikalischerseits einnehmen muss. Die Rede ist vom Dänen Troels Abrahamsen.
Troels Abrahamsen hat mich über all die Jahre mit seiner Electro-Rock und Indie-Band als Sänger mit der besonderen Stimme von VETO geprägt. Parallel dazu war Troels aber auch Solomusiker. Unter diversen Pseudonymen wie SuperTroels, I Know That You Know oder einfach nur Troels Abrahamsen, hat er Musik gemacht. Er stand sein Leben lang dabei an einem Synthesizer und einem Mikro. Und jetzt das: Troels Abrahamsen hängt alle seine Soloprojekte an den Nagel und nennt sich um zu EXEC. EXEC, das ist der neue Name für sein Projekt bei dem jetzt sein Album “The Limber Real” rauskommt.
“Ihr müsst ganz ruhig dasitzen und den ersten Ton hören.”
Ich könnte stundenlang über Troels schwärmen. Alles was er in den letzten Jahren produziert hat habe ich in mich aufgesogen. Es ging wie bei einem Schwamm in mich herein und die Musik hat mich vor allem berührt. Er hat es immer geschafft die Musik intravenös an mein Herz zu führen. Aber jetzt hat er einen neuen Versuch gewagt. Es gibt nur noch ihn, seine immer noch unglaublich gute Stimme und das Klavier. Ja, er sitzt genau an dem Instrument, an dem für ihn alles begann. Dafür hat er sich jetzt über zwei Jahre zurückgezogen um auf diesen Schluss zu kommen. Vielleicht ist es das Leben als Familienvater, das ihn dazu bewegt hat. Oder der Drang sich mal wieder auf eine besondere Art und Weise seinem Publikum auszudrücken. Wie dem auch sei: Das erste Album unter diesem Projektnamen ist eine Wucht. Es könnte das Album werden, dass hierzulande in Deutschland auf größte Zustimmung stoßen könnte. So minimalistisch es auch ist. Aber es waren gerade Pianisten und Komponisten wie Martin Kohlstedt oder Jan Roth, die in den letzten Jahren meine Vorstellungen und Erwartungen an reine instrumentale Musik am Klavier bestimmten.
Troels hat sich kaum verändert. 14 Songs mit insgesamt nicht ganz 60 Minuten Spielzeit. “The Limber Real” ist insofern schon eine Offenbarung, weil ihr das Album aufsaugen werdet. Vom ersten Ton an und das meine ich wortwörtlich. Denn der erste Song beginnt einfach mit einem Ton auf dem Klavier. Auf diesem Ton bauen alle andere Songs auf. Es ist ein Ton, den ihr auf keinen Fall verpassen dürft. Ihr müsst ganz ruhig dasitzen und den ersten Ton hören, sonst macht der ganze Weg bis zum letzten Akkord in “Stripped” keinen Sinn. Nach dem ersten Ton herrscht erst einmal 20 Sekunden lang Stille. Dann setzt EXEC ein und Troels hat mich wieder. Es ist diese Emotionalität, dieser Minimalismus, diese Inbrunst einen Song von den Texten und der dazugehörigen Begleitung leben und atmen zu lassen.
Es sind gerade Textzeilen wie “Our lives are like a liquid / Flowing through two separate grooves / One heading for the future / The other for the truth / Both end up in the ocean.” Er sprich mir aus der Seele und das ist es was die Platte zu einem echten persönlichen Erlebnis macht. Ein Album, das mich jetzt auch wieder durch alle Höhen und Tiefen begleiten wird. Es wird zeitlos werden. Besonders schön ist ihm der Song “Full of Knots” geworden. Bei diesem Song nimmt er mal etwas mehr Schwung auf. EXEC braucht hier keine phänomenal ausschweifenden Klavierparts, extravagante Akkordfolgen. Es kommt vielmehr zu einer perfekten Symbiose seiner Texte, seiner Intonation der Stimme und dem Klavier. Ich kann mir genau vorstellen, wie Troels da mit seiner mittlerweile langen Haarpracht über dem Klavier kauert und auch völlig in sich hinein versunken die Songs wie bei einer improvisierten Session direkt aus dem Kopf nach Gefühl eingespielt und gesungen hat.
Für mich ist “The Limber Real” definitiv eines der schönsten Alben seit langem. Nicht nur für 2016. Es verdient einen ganz speziellen Platz im Plattenschrank und nicht nur deshalb, weil ich heilfroh bin, dass Troels noch Musik macht und nicht ganz im Familienpapa-Dasein versunken ist. Da bleibt mir – und das passiert ganz selten – einfach nur Danke zu sagen. Danke für diese umwerfend schöne Musik.