Sarah P. Interview

Sarah P. Interview „Ich schreibe um meine Gefühle.“

Sarah P. im Interview

Sarah P. im Interview

Wolfgang Baustian hat Sarah P. einige Fragen gestellt und spricht mit ihr u.a. auch über Griechenland.

Wieso ist gerade Berlin Deine neue Heimat und Inspiration geworden?

„Als ich 2014 nach Berlin zog, fühlte ich, dass ich einen Neuanfang benötigte. Diesen habe ich hier in Deutschland gefunden und dafür bin ich sehr dankbar. Seitdem habe ich mich sehr gut eingelebt. Um ehrlich zu sein, fühlt es sich schon lange nicht mehr wie mein “neues Zuhause” an, sondern vielmehr als eine erwachsene Entscheidung hier zu leben anstatt woanders. Ich bin kein Party Animal und auch keine supergesellige Person… alles was ich benötige sind simple Dinge: ein Dach über dem Kopf, Essen und meinen Computer um zu arbeiten und kreativ zu sein. Solange mein Ehemann um mich ist und es genügend Arbeit zu tun gibt, ist es mir fast schon egal in welcher Stadt ich lebe.“

Deine Songs sind zum Teil sehr eindringlich. Was möchtest Du damit bezwecken, was ist Dein Anliegen?

„Ich schreibe einfach, wonach es mir ist und teile meine Sicht über Dinge, die ich in den Nachrichten lese oder höre… “Opinions are my own”, wie Journalisten heutzutage gerne auf ihren Social Media Kanälen schreiben. Wenn ich durch meine Musik andere Menschen dazu inspiriere mehr zu lesen und/oder sich zu bilden oder wenn einer meiner Songs es schafft Konversationen zwischen Menschen anzuregen, dann ist das fantastisch. Das Wichtigste ist für mich allerdings stets meinem eigenen Weg zu folgen und mein Ding zu machen, so offen und ehrlich wie nur möglich.“

Die Musik von Keep Shelly In Athens war schon beeindruckend. Warum hast Du lieber Solo weitergemacht?

„Dankeschön! Die Arbeit mit meiner vorherigen Band sehe ich als eher jugendlich – oder zumindest als sehr viel näher zu meiner Jugend. Ich denke, dass es vollkommen normal war aus einem Konzept, dass etwas romantischer und abstrakter für mich war, herauszuwachsen und stark genug zu werden um die volle Kontrolle darüber zu haben was ich sage und veröffentliche, wie ich aussehe, was ich mache, usw. Meine Musik unterscheidet sich ziemlich von meiner Arbeit mit der Band – ob es Menschen mehr oder weniger mögen steht natürlich außerhalb meiner Kontrolle. Am Ende entscheiden immer persönliche Musikgeschmäcker, weshalb es natürlich auch keine Konkurrenz zwischen meiner alten Band und mir gibt. Musik sollte, für Künstler und Hörer, erfüllend sein und die Musik die ich mache erfüllt mich sehr.“

Wie stehst Du zu Deiner Heimat Griechenland. Hat sich durch die Krise der letzten Jahres viel verändert?

„Wie wäre es, wenn ich drei Dinge die sich für mich und mein Heimatland nicht geändert haben erzähle? Was das Thema betrifft, wird sich meiner Meinung nach zu oft auf die negative Seite konzentriert. Die unglaublichen Anstrengungen der griechischen Bevölkerung und alles Gute was in den letzten Jahren aus Griechenland gekommen ist, wird oftmals untergraben. Immer wieder wird Griechenland von anderen Ländern (Nachbarstaaten und Nicht-Nachbarstaaten) attackiert und Leute, die eigentlich viel zu wenig wissen, um wirklich urteilen zu können, drängen Griechenland in die Ecke – ja, fast schon im misshandelnden Sinne. Die griechische Regierung wird gezwungen als eine Art Geschäftsführer einer G8 Tochtergesellschaft zu agieren. Trotz alledem und trotz all des Misstrauens in das System, das dadurch entstanden ist, bleibt der Großteil der griechischen Bevölkerung informiert, hat eigene Meinungen und ist vielleicht sogar stärker als je zuvor.“
Sarah P. im Interview

Sarah P. im Interview

Wieviel davon fließt auch in Deine Musik mit ein?

„Absolut. Hier ein Beispiel: In Griechenland ist es absolut sich über Politik und Gesellschaft zu unterhalten und über diese Themen zu diskutieren. Selbstverständlich sind Meinungen oft völlig unterschiedlich, allerdings wissen wir wie wir miteinander zu reden und umzugehen haben, selbst wenn Meinungen und Überzeugungen unterschiedlich wie Tag und Nacht sind. Das finde ich sehr inspirierend und hat mich stets beeinflusst, auch in meiner Art zu schreiben. Ich schreibe nicht um andere zufriedenzustellen, ich schreibe um meine Gefühle und meine Wahrheit zu teilen. Und dabei versuche ich so ehrlich zu sein, wie ich nur sein kann, während ich auf meinem Weg kulturell stimuliert werde. Ich möchte mit anderen Menschen interagieren, deren Meinungen zu Themen hören und Dinge lesen oder sehen, die nie zuvor in meine Hände gefallen sind. Ich war, bin und bleibe neugierig und all die Stückchen von Informationen, die ich aufsammle, helfen mir tagtäglich meine eigenen Meinungen weiter – oder gar neu – zu formen. Und dann stecke ich all das in einen Song. Es ist fast wie Brot backen, wirklich.“

Was unterscheidet die deutsche von der griechischen Musikszene?

„Zunächst ist es wichtig zu sagen, dass Griechenland sehr sehr viel kleiner als Deutschland ist, das gilt natürlich auch für die Musikszene. Auch (um auf das Thema “Krise” zurückzukommen), sind viele großen Unternehmen ausgestorben bzw. werden nun von anderen Ländern aus geleitet… das beeinflusst natürlich auch die Musikszene. Ich würde sagen, dass die griechische Musikszene sehr Indie und Underground ist, vielleicht sogar auch etwas härter – in etwa wie ein etwas mehr verzerrter Hamburg Sound.“

Wenn Du eine Sache auf der Welt verändern dürftest, was wäre das?

„Ich würde nichts ändern. Es ist zu einfach sich Weltfrieden oder sauberes Wasser für alle Menschen zu wünschen, allerdings bin ich der Meinung, dass, selbst wenn es in meiner Macht läge Dinge wie diese ändern, vermutlich nach wenigen Wimpernschlägen alles wieder “back to normal” wäre. Zuviele Menschen sind Eroberer und/oder getrieben von Gier. Es wird wohl leider immer Menschen geben die besser als andere sein wollen oder die über anderen stehen wollen. Ich befürchte, das ist Teil der menschlichen Psyche oder gar DNA. Ich kann mir leider nicht vorstellen, dass wir in der Lage sind das wirklich zu ändern… zumindest nicht in naher Zukunft.“

Welche Macht hat Musik, kann sie die Welt verändern?

„Musik könnte diese Kraft haben, wenn Individualität nicht permanent von Majors durch Songs mit stupiden Texten abgeschaltet werden würde. Wenn es aufhört sich alles permanent um sexuelle Provokationen zu drehen und wir es endlich schaffen nicht mehr über die gleichen Witzchen zu lachen, über die wir in der fünften Schulklasse gelacht haben… wenn hauptsächlich wahre Künstler in den Vordergrund rücken (und nicht irgendwelche halbnackten Kids die ihre Hinterteile schütteln als wäre es 1986), dann könnte Musik Emotionen in sehr vielen Menschen hervorrufen und Menschen dazu motivieren, sich für das stark zu machen, was sie wirklich verdienen. Aber es scheint, dass diese gesellschaftliche Zombifizierung in der wir uns momentan befinden in irgendeiner Form immer wieder angetrieben wird… vielleicht sogar gewünscht ist.“

 

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