Interview: SEDA
SEDA im Interview zum Album „where do I go“
Tiefe, raue Vocals, das etwas genuschelte Englisch, ein gewisser Ernst der als Melancholie mitschwingt – so kennt und liebt man SEDA nach kürzester Zeit. Und so lernen wir sie auch auf ihrer EP „where do I go“ kennen. Die Texte zeichnet sie ungeschönt und gibt uns als Zuhörer:in einen Einblick in die Gefühlswelt dieses jungen Menschen. Wenn auch die Texte nicht scheuen die Makel dieser Gefühlswelt aufzuzeigen, so sind die Indie-Pop Produktionen umso makelloser und raffinierter. Aktuell ist SEDA noch so etwas wie ein Geheimtipp. Das können wir so klar feststellen. Aber mit der EP könnte sich dieses Bild schnell wandeln. Allein durch ihre Gigs auf dem Lollapalooza Berlin oder dem Reeperbahn Festival hat sie sich bereits eine Fangemeinde erspielt. Und viel Ansehen in der Musikszene.
Sie strahlt viel Authentizität aus und das versucht sich in ihren Tracks auch durchgehend zu bewahren. Der Titeltrack ‘where do I go’ der gleichnamigen EP trifft musikalisch wie thematisch den Zahn der Zeit. In den nun folgenden Interviewfragen erfährst du mehr über ihren Release und solltest dir ihre EP (VÖ 21.02.2025) zu Gemüte führen.
Dein Sound klingt unglaublich international und ausgereift – man könnte fast meinen, du kommst aus einer der großen Musikmetropolen. Welche musikalischen und persönlichen Einflüsse haben diesen Klang geprägt?
SEDA: „Das ist ein riesen Kompliment, Dankeschön! Ich hab auf jeden Fall immer primär englische Musik gehört und war auch viel von unterschiedlichster englischer Musik umgeben. Ich glaube vor allem dass es die unterschiedlichen Stile die ich gehört hab waren, die mir beim eigenen Schreiben dann die Freiheit gegeben haben. Wenn man einseitig geprägt ist kanns schnell dazu führen, dass man sich nur innerhalb dieser Mauern bewegt. Sobald man sich mit vielem wirklich wohl fühlt kommt das beim Schreiben ganz automatisch hier und da zum Vorschein und macht’s automatisch facettenreicher.“
In where do I go setzt du dich intensiv mit deiner Identität als queere, non-binäre Person mit türkischen Wurzeln in Deutschland auseinander. Welche Herausforderungen und Erkenntnisse haben dich beim Schreiben dieses Albums besonders beschäftigt?
SEDA: „Die größte Herausforderung für mich ist es glaub ich außerhalb meiner offenen, liebevollen Bubble, sicher existieren zu können. Und die Erkenntnis darüber, dass unsere Gesellschaft was Offenheit angeht aktuell rückschrittig ist. Ich glaub meine größte innere Herausforderung ist es, dass ich einfach nicht verstehen kann wieso Menschen sich so sehr für Labels interessieren und diese mit Attributen versehen die ihrer Engstirnigkeit entsprungen sind.“
Der Titeltrack where do I go greift eine tiefgreifende Frage auf, die für viele marginalisierte Menschen Realität ist. Was hat dich dazu bewegt, genau dieses Thema in den Mittelpunkt zu stellen, und wie hoffst du, dass der Song von deinem Publikum aufgenommen wird?
SEDA: „‚where do I go‘ ist ganz natürlich entstanden und hat unverhofft auf den letzten Meter der ganzen EP eine neue Bedeutung gegeben. Es war kein Song der geplant war. Im Studio ist die Konversation darüber entstanden, dass ich immer öfter in Situationen komme in denen mir klar gemacht wird, dass es Menschen gibt die eine Meinung zu mir wegen meiner Identität haben und wütend darüber sind dass ich nicht in ihre Schubladen passe. Diese Entwicklung ist beängstigend und ich habe ernsthaft gefragt was ich machen soll, wenn sich die Situation mit dem Ändern des gesellschaftlichen Klimas weiter verschärft. Wenn meine Gedanken anfangen zu kreisen ist für mich der beste Ausweg das musikalisch zu verarbeiten und ich hoffe Menschen können „where do I go“ als den ehrlichen, offenen Song annehmen der er ist.“
Deine Musik verbindet eine melancholische Tiefe mit Indie-Pop-Produktionen, die gleichzeitig makellos und emotional roh wirken. Wie balancierst du diese beiden Welten in deinem kreativen Prozess?
SEDA: Ich glaube tatsächlich die Melancholie ist ein Beiprodukt von mir als Person. Ob ich will oder nicht, wenn ich ehrlich schreibe ist die Melancholie mit im Raum. Die Produktionen sind also eine natürliche Symbiose aus dem was ich will und dem was ich bin.“
Trotz fehlender großer Label- oder Booking-Unterstützung hast du 2024 bereitsbeeindruckende Bühnen bespielt, von Lollapalooza bis Reeperbahn Festival. Wie gehst dudeinen Weg in der Musikindustrie, und was bedeutet Unabhängigkeit für dich?
SEDA: „Ich glaub jeder Weg ist legitim und man muss für sich rausfinden was richtig ist. Ich glaube das Wichtigste für mich ist es mit Menschen zusammen zu arbeiten die wirklich an mich und meine Musik glauben. Wenn das gegeben ist bin ich auch offen für Zusammenarbeiten. Es lohnt sich aber nicht meine Unabhängigkeit aufzugeben um einer von vielen Namen auf einer Liste für jemanden zu werden, der*die nicht bereit ist das Potential auszuschöpfen.“
Deine Songs sind ein Sprachrohr für Menschen, die oft nicht gehört werden. Welche Botschaft möchtest du mit where do I go an deine Community und a die Gesellschaftsenden?