Interview: ENDE
ENDE im Interview zur EP „UTOPIA“
Mit ihrer neuen EP UTOPIA gelingt dem österreichischen Duo ENDE ein eindrucksvolles Werk zwischen Dunkelheit, Aufbruch und der Sehnsucht nach einem Ort, den es vielleicht gar nicht gibt. Der Titel ist Programm – nicht als politisches Schlagwort, sondern als emotionaler Zustand, als flüchtiger Moment zwischen Realität und Wunschdenken.
Musikalisch bewegen sich ENDE weiterhin auf dem schmalen Grat zwischen Post-Punk, Neuer Neuer Deutscher Welle und melancholischem Pop. Doch UTOPIA klingt konzentrierter, direkter und kompromissloser als frühere Veröffentlichungen. Songs wie „laufen“ verdichten das Lebensgefühl einer Generation, die gleichzeitig zu viel und zu wenig hat – „ich hab’ nicht, was ich brauch’, ich brauch’ nicht, was ich hab’“ – eine Zeile, die hängen bleibt und zur Bewegung auffordert.
Trotz der düsteren Atmosphäre verliert die EP nie ihren Hoffnungsschimmer. Zwischen treibenden Basslinien, flirrenden Synths und der lakonischen, fast beiläufigen Stimme entsteht eine Musik, die den Stillstand beschreibt – und zugleich seine Überwindung sucht. ENDE erzählen nicht von Resignation, sondern vom Weitergehen, vom Aushalten und vom Mut, Utopie als Prozess zu begreifen. Am Ende bleibt das Gefühl, dass diese Songs mehr sind als Vertonungen von Frust und Flucht: Sie sind kleine Befreiungsakte, geschrieben im Wissen, dass Perfektion nie erreichbar ist – aber Bewegung alles bedeutet. UTOPIA ist keine Flucht, sondern ein Blick nach vorn. Und genau darin liegt ihre Stärke.
Hier lest ihr jetzt das vollständige Interview mit der Band:
Euer neues Werk trägt den Titel „UTOPIA“, ein Begriff, der gleichzeitig Sehnsucht und Unmöglichkeit in sich trägt. Was bedeutet „Utopie“ für euch persönlich und wie hat dieses Konzept die Entstehung der EP geprägt?
ENDE: „Eine Utopie ist für uns irgendwo ein Wunschdenken, in das man gerne flieht und sich verliert. In einer Utopie darf jeder Mensch so sein, wie er oder sie möchte, ohne den anderen dabei auf die Füße zu treten. Damit meinen wir aber keine Resignation oder ein Wegsehen, sondern eher das Fehlen der Notwendigkeit, dies zu tun, weil sich dort niemand scheiße verhält.“
Ihr beschreibt „UTOPIA“ als eine Reise zwischen Weglaufen, Bleiben und Hoffnung. Gibt es für euch einen Moment auf der EP, der dieses Spannungsfeld besonders auf den Punkt bringt?
ENDE: „Ja, die Zeile „ich hab‘ nicht, was ich brauch‘, ich brauch‘ nicht, was ich hab’“ – ein Moment, in dem man vieles realisiert und fast schon zur Flucht oder zum Neuanfang motiviert wird. Wir wollten aber nie, dass es zu dramatisch oder hoffnungslos klingt – deswegen ist die Frage „kommst du auch?“ essentiell. Das Wissen, nicht alleine zu sein, ist in anstrengenden oder besonders belastenden Phasen bereits eine große Stütze, die man oft aus den Augen verliert, die aber vor allem Kraft und eben auch Hoffnung spendet.“
Musikalisch bewegt ihr euch zwischen Post-Punk, Neuer Neuer Deutscher Welle, New Wave und Pop – ein Sound, der gleichzeitig roh und eingängig wirkt. Wie hat sich euer Klangbild seit den ersten Veröffentlichungen verändert oder verdichtet?
ENDE: „Wir haben uns immer bemüht, unsere Ideen umzusetzen, ohne uns dabei zu sehr von der Vorstellung zu entfernen, die wir zunehmend selbst davon bekommen haben, was ENDE für uns ist oder sein soll. Wir verwerfen eine Menge Songs oder Demos, wenn wir nicht zufrieden sind oder nicht weiterkommen. Oft sind es auch gar nicht unbedingt stilistische Elemente, sondern einfach ein ENDE-Song, wenn er sehr schnell und intuitiv entsteht und sich sofort gut anfühlt.“
Gerade Songs wie „laufen“ wirken wie ein innerer Monolog im Ausnahmezustand. Wie entstehen solche Texte bei euch – intuitiv im Moment oder reflektiert im Nachhinein?
ENDE: „Die Texte entstehen immer, nachdem das Instrumental schon da ist. Meistens kommt eine Zeile spontan, und man beschreibt dann Erlebtes oder eine Situation, die ähnlich ist. Im Idealfall sollen sich Menschen auf ihre eigene Art damit identifizieren können, und es soll kein „Suddern“ (wienerisch für Jammern) sein. Wir wollen Situationen beschreiben, nicht unsere Probleme anderen aufdrücken. Also alles in allem ist es beides: intuitiv im Moment und reflektiert im Nachhinein.“
Eure Musik klingt düster, aber nie ohne Hoffnung. Was gibt euch persönlich in Zeiten von Stillstand oder Überforderung den Antrieb, weiterzumachen?
ENDE: „Ganz unterschiedlich: Bei Stefan ist es Sport, bei Chris ist es rausgehen und etwas gegen den Stillstand zu tun – was auch immer das sein mag: spazieren gehen, etwas neues entdecken oder erleben, Freunde treffen oder wegfahren.“
Ihr sagt, „UTOPIA“ sei kein Ort, sondern ein Zustand. Wenn ihr heute auf eure eigene Reise blickt – fühlt ihr euch diesem Zustand schon ein Stück näher?
ENDE: „Ein Stück vielleicht schon. Utopia ist ja nie wirklich erreichbar, aber manchmal hat man kurze Momente, in denen man das Gefühl hat, man ist nah dran – wenn alles irgendwie passt, egal wie kurz. Es geht weniger darum, irgendwo anzukommen, sondern eher darum, zu merken, dass man in Bewegung ist und nicht irgendwo ansteht. Der Alltag hat uns oft so fest im Griff, dass schon kurze Ausbrüche diese Momente hervorbringen können. Für uns war das oft schon ein Konzerterlebnis, das im Nachhinein fast surreal wirkt, wenn man plötzlich wieder vom Kapitalismus gezwungen am Montag im Büro sitzt. Auch wenn das sehr pathetisch klingt, ist ENDE für uns in gewisser Art und Weise manchmal eine kleine Utopie – und dafür sind wir sehr dankbar.“
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