Interview mit der Band JANTE

JANTE im Interview

JANTE im Interview; Fotocredit: Kien Kit Chan – Yellow Van Photography

Redakteurin Silke Knauer hat die Band JANTE mit Ihren Fragen gelöchert und Frontmann Jan Thierfeld hat in Zusammenarbeit mit seinem Bandkollegen Tim ausführliche und tolle Antworten gegeben. Vielen lieben Dank dafür. Zeitgleich habe ich mich auch an eine Band-Rezension – vom Start als Straßenmusiker bis zur heutigen Band und neusten EP – gewagt; das Ergebnis könnt ihr hier lesen.

  1. Jan, ihr habt erst spät angefangen, Musik zu machen und habt dann viel über Straßenkonzerte gemacht. Was hat Euch besonders gut daran gefallen und was vermisst Ihr gar nicht?
    Ja, am Anfang haben wir viel auf der Straße gespielt, vor allem ich alleine. Ich bin ja auch extra nach Leipzig gezogen, um dort Straßenmusik zu machen. Das besondere an Straßenmusik ist, dass es die ehrlichste Art von Musik ist, die man machen kann. Man bekommt auch das ehrlichste Feedback und das ist auch das Spannende. Von Lächeln oder Mitsingen über verächtliches Kopfschütteln oder Naserümpfen ist da alles dabei und es passieren immer wieder Dinge, mit denen man nicht rechnet, im Positiven wie im Negativen. Allerdings ist es auf der Straße auch unheimlich hart, sich ein Publikum zu erkämpfen, gerade mit eigener und teilweise auch ruhigerer Musik und Leute zu finden, die wirklich zuhören. Da neigt man schnell dazu, dann auf Coversongs umzuswitchen. In dem Moment, wo die offiziellen Konzerte dann stetig mehr geworden sind, haben wir für uns entschieden, dass die Straße nicht die Bühne ist, auf der unsere Songs am besten funktionieren und die Straßenmusik immer mehr zurückgefahren.
  2. Hast Du über die Präsenz auf der Straße Kontakt zu anderen Musikern bekommen?
    Anfangs schon. Ich erinnere mich noch, als ich in Leipzig das erste Mal Straßenmusik gemacht habe, hat mich gleich danach ein anderer Straßenmusiker angesprochen und mich auf einen Drink in seine Stammbar eingeladen, wo er auch Konzerte organisiert hat. Stück für Stück habe ich dann immer mehr Straßenmusiker kennengelernt und gemerkt, dass es da eine richtige Gemeinschaft unter den Singer-Songwritern in Leipzig gibt, die sich auch mehr als Freunde und nicht als Konkurrenten betrachtet. Das war schön und anders, als ich es erwartet hatte.
  3. Wer waren Eure Vorbilder in der Jugend?
    Geeint sind wir glaube ich dadurch, dass wir als Kinder große Fans der Prinzen waren. (lacht) Aber das war vor der Musik. Musikalisch beeinflusst haben mich zu meiner Rockbandzeit damals vor allem Bands wie Rise Against, Creed, 3 Doors Down oder auch Nickelback. Heute ziehe ich Inspiration vor allem aus dem Folk-Pop und da sind Idole ganz klar Mighty Oaks, Hollow Coves oder auch Passenger.
    Bei Tim waren es früher vor allem Tenacious D und Led Zeppelin, die ihn sehr beeinflusst haben. Wir kommen also beide musikalische eher aus der Rockmusik. Heute überschneiden sich unsere Geschmäcker durch meinen Folk-Einfluss und unsere Mission, die erste deutschsprachige Indie-Folkband zu sein, in der Richtung dann wieder sehr stark.
  4. Ist das Stirnband als Dein Markenzeichen anzusehen Jan?
    Kann man so sagen. Dabei war das von Anfang an gar nicht so geplant. Als wir mit unserem ersten Produzenten damals ein Kennenlerngespräch hatten, meinte der, ich bräuchte noch etwas, wo die Leute nach dem Konzert sagen könnten: „Wie fandest Du denn den mit dem …?“ Und dann sagte er glaube ich sowas wie: „Aber bloß kein Bandana!“ (lacht) Bei mir ist wohl nur Bandana hängengeblieben, weil ich das sowieso schon manchmal getragen habe und als mir das nach ein paar Konzerten dann aufgefallen ist, hab ich mir gesagt: Jetzt bleibst du dabei!
  5. Natürlich ist das Ziel eines Musikers bekannter zu werden, die Reichweite zu erhöhen und mehr Menschen mit der eigenen Musik zu erreichen. Wie war das Gefühl bei Eurer ersten Tour, konntet Ihr festmachen, wie sich Eure Reichweite erhöht hat?
    Jan: In jedem Fall war das Interesse damals gerade an unseren Heimatkonzerten im Erzgebirge und Chemnitz bei Release unserer Debütplatte „Karten im Wind“ schon vorher enorm hoch, in meinem Heimatort mussten sogar Leute wieder weggeschickt werden, weil sie nicht mehr in die Location gepasst haben. Das war schon besonders. Und man sagt grundsätzlich ja auch, aus jedem Auftritt entsteht wieder ein neuer und aus dieser Tour sind auch wieder einige neue entstanden. In jedem Fall war es ein Traum, der in Erfüllung ging, als wir es wirklich in vollkommener Eigenarbeit geschafft hatten, gleich zu unserer ersten Platte 2017 eine Deutschlandtour mit 25 Konzerten in 30 Tagen auf die Beine zu stellen.
  6. Welche Aktion oder welches Konzert hat Euch den deutlichsten Schub für Eure Karriere gegeben?
    Die Supporttouren mit KUULT 2018/19. Das waren ja im Endeffekt 13 Konzerte vor 200 – 1000 Leuten am Abend, die uns fast alle noch nicht kannten und zum ersten Mal gesehen haben. Das war schon ein unglaubliches Gefühl und das Publikum von KUULT war extrem offen und begeisterungsfähig auch uns als Support gegenüber. Ich weiß noch genau, bei unserem allerersten Konzert in Wilhelmshaven wollten uns die Leute nicht von der Bühne lassen und haben eine ganze Weile Zugabe gerufen. Das war schon sehr besonders, denn sowas hatte ich als Zuschauer bei einer Supportband noch nie erlebt. Aus diesen beiden Touren sind einige unserer heute treuesten Fans hervorgegangen und wir wollen die Zeit auf keinen Fall missen.
  7. Natürlich darf hier auch das Thema Corona nicht fehlen: Ihr musstet Eure Tour nun schon zwei Mal verschieben. Wie ist das Gefühl dabei, was sind Eure Sorgen und Ängste?
    Jan: Naja, wenn man eine Tour schon zwei Mal verschoben hat, ist natürlich die große Angst, dass sie auch beim dritten Mal nicht stattfinden kann, auch wenn wir da mittlerweile sehr optimistisch sind. Aber trotzdem bleibt vieles ungewiss. Zum Beispiel, wie viele Tickets wir verkaufen dürfen. Einige Städte stehen immer noch auf ausverkauft, weil sie schon für die letzten Maximalkapazitäten zwischen den Lockdowns letztes Jahr überbucht waren und wir nicht das Risiko eingehen wollen, dann im nächsten Jahr Leute heimschicken zu müssen. Gleichzeitig bleibt die Frage: Wer von denen, die 2020 ein Ticket gekauft haben, kommt am Ende zwei Jahre später auch wirklich oder ist vielleicht umgezogen in eine andere Stadt, im Urlaub oder sonst wie verhindert zum neuen Termin? Der Worst Case wären ausverkaufte Konzerte, die halbleer sind, weil manche keine Tickets bekommen haben und andere sie vielleicht behalten haben, um uns trotzdem zu unterstützen, aber nicht kommen.
  8. Am Anfang habt ihr mit Lieder-Covern gearbeitet. Nun habt ihr schon mehrere deutschsprachige EPs veröffentlicht, die doch sehr persönlich klingen. Ist es Euch wichtig, die Deutsche-Sprache in Euren Liedern zu verwenden?
    Es hat sich damals so ergeben. Mein Traum war es ja schon vor Jante, musikalisch in Richtung meiner Lieblings-Künstler wie eben z.B. Mighty Oaks zu gehen. Das hab ich dann zunächst auch auf Englisch getan, aber damit habe ich ja im Endeffekt etwas gemacht, was es schon gab – englischsprachigen Folk-Pop und das auch noch als Nicht-Muttersprachler. Und da hab ich mir gedacht, dass sich das doch auch ins Deutsche übertragen lassen muss, denn da gibt es das in der Form noch nicht. Das war dann mehr oder weniger der Beginn von Jante und heute bezeichnen wir uns ja ein bisschen reißerisch in unseren Pressetexten auch als „erste deutschsprachige Indie-Folk-Band!“, was auf keinen Fall stimmen muss, aber solange es noch keine große Band gibt, die dieses Genre bedient, so wie wir es uns vorstellen, beanspruchen wir den Titel einfach mal für uns. (lacht)
  9. Wie wichtig ist für Euch das Verlassen Eurer Komfort-Zone. Als Musiker muss man sich immer auch spontan neuen Gegebenheiten anpassen. Ist das ein wichtiger und notwendiger Prozess?
    Auf jeden Fall. Das hat man ja gerade jetzt in der aktuellen Pandemie auch gesehen, nicht nur in der Musik. Man hat bessere Chancen, halbwegs gut durch so eine schwere und unbeständige Zeit zu kommen, wenn man sich der Situation annimmt und versucht, auch in der Krise Wege zu finden, um sich weiterzuentwickeln, anstatt nur darauf zu warten, dass sie vorübergeht. Wir haben da ja auch viel probiert. Von kleinen Release-Livestreams zu Beginn letzten Jahres, einem Instagram-Format zusammen mit wechselnden anderen Musikern, später dann auch einem großen Livestreamkonzert mit Band, neuem Merchandise bis hin zu Patreon als neuer Plattform haben wir einiges zu Wege gebracht, um trotz Pandemie weiter zu wachsen und die Leute gerade auch in dieser schwierigen Zeit nicht allein zu lassen und Ihnen Ablenkung zu bieten.
  10. Was bedeutet für Euch die Plattform „Patreon“ für Euch als Band?
    Patreon ist eine großartige Sache für Kreative und wird meiner Meinung auch in Zukunft immer stärker auch von Musikern entdeckt und genutzt werden. Patreon gibt uns zum einen die Möglichkeit, konzert- und damit auch pandemieunabhängig mit einem gewissen fixen monatlichen Einkommen planen zu können, das wir wieder in die Musik investieren können. Zum anderen bietet die Plattform unseren Fans die Möglichkeit, uns dauerhaft zu unterstützen und darüber hinaus über Behind-the-Scenes-Content, unveröffentlichte Songideen oder unseren Podcast noch mehr über uns zu erfahren und näher am Schaffensprozess dran zu sein. Damit ist Patreon für uns nicht nur eine Spielwiese für neue Ideen, sondern eben auch finanzielle Absicherung, da gerade Indie-Künstler wie wir zumindest monetär nicht unbedingt vom wachsenden Musikstreamingmarkt gerade auch in Verbindung mit dem einhergehenden Bedeutungsverlust der CD profitieren, aber dennoch die Kosten ja nicht sinken, die man hat, um die Musik zu produzieren, Musikvideos zu drehen usw.
  11. In der Scheune-Session seid Ihr mit mehreren Musikern zusammen. Ist das ein festes Ensemble oder mixt Ihr Euch da für jedes Projekt neu? Wer wäre mit auf Eurer Tour?
    Die „Scheune Session“ von „Vielleicht“ ist ja Teil unserer Akustik-EP, bei der wir den Leuten unsere neuesten Songs nochmal so geben wollten, wie die meisten sie auch kennengelernt haben – nämlich akustisch und zu zweit. Der Großteil der Songs ist deshalb auch nur von Tim und mir nochmal live aufgenommen worden, da wir beide auch der Kern von Jante sind. Bei 2 Songs ist allerdings auch unsere Schlagzeugerin mit dabei und bei „Vielleicht“ noch ein Gastmusiker an der Viola, sodass das der Song für die EP eigentlich eher die Ausnahme ist. Seit 2019 haben wir mit Margot an Schlagzeug und Keys und Sebastian am Bass, der bei der Akustik-EP nicht mitgewirkt hat, aber auch eine feste Band, mit der wir größere Auftritte, Festivals und auch unsere kommende Tour spielen und die auch beim Songwriting und im Studio mit dabei ist.
  12. Eure meisten Lieder und gerade die aktuelle EP sind sehr gefühlvoll und nachdenklich. Seid Ihr nachdenkliche Typen? Im Video zu „Verlernen“ hingegen ist sehr viel Witz drin, der Euch auch richtig gut steht. Wie ist der Prozess der Liedentstehung bei Euch?
    Die aktuelle EP “Blick ins Leise“ ist ja eine Akustik-EP, bei der wir unsere 2020 veröffentlichte EP „Blick ins Freie“ nochmal gefühlvoller umgesetzt haben, weil wir dachten, wenn die Leute nicht zu den Konzerten kommen und mit uns feiern können, dann geben wir ihnen die Songs nochmal in ruhig für Zuhause mit. Insgesamt glaube ich aber, dass wir von unserer ersten EP „Karten im Wind“ bis zur letzten „Blick ins Freie“ deutlich schneller und lauter geworden sind, was auch der normale Prozess vom Singer-Songwriter mehr hin zur Band ist, denke ich, auch wenn der Trend bei vielen aktuellen Ideen aber wieder mehr in Richtung Verträumtheit geht, was sicher auch diesem ruhigen Jahr geschuldet ist. Inhaltlich sind aber generell viele Songs nachdenklich oder verträumt, das stimmt schon. Und ich denke, jeder für uns sind wir auch sehr verträumt und oft in Gedanken, wenn Tim und ich und auch die anderen beiden zusammen kommen, dann ist das aber oft auch der reinste Slapstick und es wird unheimlich viel gelacht. Deshalb trifft beides auf uns zu.
    Die Liedentstehung verläuft dabei bei uns nicht wirklich nach einem Schema ab und ändert sich auch immer wieder. Am Anfang kam oft vieles Grundlegende von mir alleine, dann haben wir mehr geschaut, welche Texte von mir und Ideen von Tim zusammen passen, dann einfach Melodien auf Gitarrenriffs gesummt und die Texte dann erst danach geschrieben. Das ist ein stetiger Wandel, nur die Texte kamen bisher ausnahmslos von mir.
  13. Im Video zu „Einfach leichter“ besingst Du das Thema Freundschaft. Wie wichtig ist Freundschaft für Dich/Euch. Wie hat Euch Freundschaft auf Eurem Weg geholfen oder gab es auch Freundschaften, die Deinen Weg nicht mitgegangen sind.
    Ich glaube, der Song lässt sich auf vieles übertragen, ob das jetzt Freundschaft ist, Liebe oder auch Familie. Es geht darum, dass es gemeinsam nicht immer leichter ist, weil man oft einen Konsens finden muss zwischen teilweise ganz unterschiedlichen Vorstellungen, aber der Weg zusammen einfach schöner ist als allein. Insgesamt ist Freundschaft sehr wichtig für uns. Wir sind ja auch untereinander beste Freunde und anders würde das auch gar nicht funktionieren, wenn man so viel Zeit miteinander verbringt. Campino (Die Toten Hosen) sagte auch schon: „Lieber einen guten Freund in der Band als einen guten Musiker.“ Ich bin froh, dass ich in Tim beides hab und wir ergänzen uns auch wahnsinnig gut in unseren Eigenschaften, sodass es in den 7 Jahren, die es uns jetzt schon gibt, eigentlich nie eine wirkliche Krise oder groß Streit zwischen uns gab. Und das ist auch das besondere an Jante, denn bei meinen vorherigen Projekten war das nicht so. Da hatte ich oft das Gefühl, dass ich alles alleine machen muss oder mich auf die anderen nicht verlassen kann. Deshalb sollte Jante dann auch ein Soloprojekt werden, aber Tim kam ganz natürlich dazu und es stand nie zur Debatte, dass sich das jemals wieder ändern würde.
  14. Warum ist der Song „Ich lauf davon“ auf Eurer neusten EP? Ist das ein besonderer Song für Euch?
    Ich lauf davon war der erste Song überhaupt, den ich auf Deutsch geschrieben habe, als mein Opa 2013 gestorben ist. Und als Tim und ich 2014 noch vor Jante zusammen Straßenmusik-Urlaub in Irland gemacht und dort meine alten englischen Songs gespielt haben, hab ich ihm eines Tages unterwegs „Ich lauf davon“ gezeigt, weil ich seine Meinung wissen wollte. Und die war sehr positiv. Von da ab stand fest, dass ich in meinem neuen Projekt „Jante“ nur noch deutsche Songs schreiben würde. Und nachdem der ein oder andere Song in der Zwischenzeit kam und ging, ist „Ich lauf davon“ irgendwie immer im Set drin geblieben. Und deshalb dachten wir, es wäre schön, den auch abseits von unseren Konzerten für die Leute hörbar zu machen. Also haben wir ihn noch ein bisschen an unseren jetzigen Folk-Pop-Stil angepasst und als einzigen Song auf die Akustik-EP drauf gepackt, der nicht auch auf „Blick ins Freie“ schon zu hören war.

Hier geht es zur Rezension über JANTE. Alles über die neue EP und die Bandgeschichte erfahrt ihr hier 🙂

 

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